Seite - 147 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
„packend“ geschilderten „Überlebenswillen“ (G1/D1/Bw2, Bw1, Z. 2088–2091),
„Bildlichkeit“ (G1/D1/Bm1, Z. 406) „Dynamik“ (G1/D1/Bm1, Z. 401, 546) und
„Drive“ (G1/D1/Bm1,Z. 546). In ihrer insgesamtwidersprüchlichenBewertung
bestätigt die Lesegruppe die Positionen der Literaturkritik. Wie die meisten
RomaneBoyleswirdauchWenndas Schlachtenvorbei ist sehr ambivalent rezi-
piert.DasVerhältnis vonwohlwollendenundnegativenKritiken ist annähernd
ausgeglichen,wobeidiePolaritätderWertungeninsAugesticht,derRomanwird
entweder füreinMeisterwerkgehaltenoderals totalmissglücktangesehen.Das
ergibt sich auch aus dem hohen feuilletonistischen Kanonisierungsgrad des
AutorsundderdamitverbundenenFallhöhe.NachdiesemMusterbeginntIrene
Binal ihrenVerriss in derNeuen Zürcher Zeitung: „T.C. Boyle hat schon viele
grossartige Romane geschrieben. Dazwischen allerdings leistet er sich immer
wieder einmal einenFehlschlag–und sein jüngstesWerkmit demTitel ‚Wenn
dasSchlachtenvorbei ist‘muss leider letztererKategorie zugerechnetwerden.“5
Sebastian Fasthuber hingegen liest im Falter Boyles „bislang tiefgründigstes
Werk“undmoniert ähnlich der LesegruppeWeitschweifigkeit und Sprunghaf-
tigkeit:„Mit ‚WenndasSchlachtenvorbei ist‘machtesBoyledemLesernämlich
nicht leicht undverlangt ihmeinen langenAtemab. Immerwieder holt er un-
gewohntweit aus, umdannauchnochoft am spannendstenPunkt abrupt ab-
zubrechen und einen neuen Faden aufzugreifen, ein neuesMoment zu entwi-
ckeln.“6
Souneinigmansich imFeuilletonhinsichtlichderBewertung ist, soeinig ist
man sich über die anzulegendenKriterien. Insgesamt wird vom Spektrum an
Wertmaßstäben nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht. Ästhetische und
formale Kriterien finden kaumAnwendung. In einigen wenigen Rezensionen
wird zwar auf die Sprache referiert, mit sowohl positiven als auch negativen
Ergebnissen,ohnejedochzubeschreiben,worindassprachlicheMankooderdie
Qualität liegt. „Sprachlich brillant“ attestiert Sibylle Peine in denOberösterrei-
chische Nachrichten,7 Hans-Peter Kunisch hingegen findet, Boyle hätte „der
Abschied von Satire undGroteske“ geschadet, zumindest „[r]ein sprachlich“,8
fürMartinWankobeweistersichals„Sprachkünstler“9. ImGegensatzdazuwird
in der Lesegruppe konkret bezeichnet (s. o.), welcher inhaltliche, erzählerische
oder sprachliche Aspekt gefällt oder missfällt. Zudem versucht ein Gruppen-
mitgliedanhandvonzweiSzenendieIroniedesAutorszubelegen,wofürsienur
teilweiseZustimmungerhält (G1/D1/B7,Z. 709–756;Bw7,Z. 2510–2516).
5 Binal2012.
6 Fasthuber2012.
7 Peine2012.
8 Kunisch2012.
9 Wanko2012.
LiterarischeWertungen imVergleich 147
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher