Seite - 150 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
Liebesverhältnisregistriert:„Unddashabe ichihmsovergönnt,dasGlück“ (G1/
D4/Bw1,Z.1619).AufgroßesUnverständnisstößthingegenStonersUmgangmit
derTochter,dieersichvonderMutterundEhefrauentziehenlässt.AusderSicht
derGruppehätteersichzumindestindiesemPunktseinesLebens„aufdieFüße“
stellenmüssen(vgl.G1/D4/Bw6,Z.1172–1176unterZustimmungvonBw2,Bw1,
Bw5,Bw7,Bw4,Z.1321ff;Bw5,Z.1860–1871).SowieUlrichGreiner inderZEIT
bringt einweiblichesGruppenmitgliedeinenmöglichenMissbrauchderweibli-
chenHauptfigur durch deren Vater zur Diskussion (vgl. G1/D4/Bw6, Z. 572),
findet damit aber nur kurz Gehör, die Gruppe vertieft diesen Aspekt nicht.
VielmehrprovoziertdieProtagonistindenManninderGruppesosehr,dassihm
„dasGeimpfte“aufgeht,„wieman inWiensagt“ (G1/D4/Bm1,Z. 276), einpaar
Frauen inderRundehalten sie für „eigen“ (G1/D4/Bw7,Z. 224), „gestört“ (G1/
D4/Bw2, Z. 225), „totunglücklich“ (G1/D4/Bw5, Z. 565) oder „eine blöde Frau“
(G1/D4/Bw4,Z.570).VomManninderGruppewerdenaberebensoversöhnliche
Töneangeschlagen.ZumeinenunterscheideterzwischenpositiverWirkungder
Form und negativer Wirkung des Inhalts des Romans („sehr angenehm ge-
schrieben […] leicht und gern gelesen […] aber vomThemaher hatmichdas
empört“, G1/D4/Bm1, Z. 349), zum anderen liest er mit Begeisterung zwei
Textpassagen vor, die von Liebe, Geist und Sinnlichkeit handeln (vgl. G1/D4/
Bm1,Z. 1094–1099, 1258ff.)
Die im IZA dokumentierten Buchbesprechungen zu der deutschsprachigen
Übersetzung des Romans von John Williams umfassen einen Zeitraum von
knappzwei Jahren, Juni 2013bisAugust 2015.Dieseverhältnismäßig langeZeit
derAufmerksamkeit, diedasFeuilletondemWerkschenkt, korrespondiertmit
demVerkaufserfolg desRomans, der sich inBestsellerlisten undBuchempfeh-
lungenwiderspiegelt. IndemjüngstenzuStoner erschienenenArtikel vonFeli-
citas vonLovenberg inderFrankfurterAllgemeinenZeitunggeht esnichtmehr
umdasWerk selbst, sondernumdessen auch für denBuchmarkt nicht selbst-
verständlichen und daher erklärungsbedürftigen Erfolg. So handle es sich bei
demBuchwie auch bei anderen erfolgreichen Romanen der Zeit um „erfolg-
reicheNeu-oderWiederentdeckungenvonWerkentoterAutoren,die sichdem
üblichenGerangel umdieQualität vonGegenwartsprosa schondurch eine ge-
wisseKlassizität des Stils entziehen.“18DienachweislicheAbkehr vonden „alt-
bekanntenKlassikern“ entsprächedemBedürfnis, sich als „einmaligundnicht
beliebig austauschbar“ zupräsentieren.DieserTypusdes „(C)coole(n)neue(n)
Klassiker(s)“19würde also offensichtlich zwei an sichdisparateBedürfnisse be-
friedigen, nämlich jenes nachNormativität ebensowie jenes nach Individuali-
18 Lovenberg2015.
19 Ebd. RenateGiacomuzzi /GerdaE.Moser
/VeronikaSchuchter150
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher