Seite - 193 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
teratur(kritik)mehr ist als Arbeit […].“55Mittlerweile hat das Blog von Stefan
Mesch sich auf die Funktion einer Homepage reduziert, wo lediglich der Ter-
minkalenderaktuell bleibt, dieListeder2011begonnenenBuchtippsaberEnde
2016eingestelltwurde.Das immernochumfangreicheundlaufendaktualisierte
Blog von JanDrees dient aktuell, ähnlich wie bei dem für dasMagazin Focus
tätigenKollegenUweWittstock56, alsprivater ‚Rahmen‘ fürTexte,diebereits im
DeutschlandfunkoderinanderenMedienerschienensind,d.h.dasssichhierdie
ursprüngliche Intention, eine private und freie Parallelwelt zu den kommerzi-
ellenMedienzubilden, offensichtlichnicht langfristigumsetzen ließ.
Literaturblogger der ersten Generation, die also vor der Etablierung von
Facebook, Twitter undCo. zu bloggen begannen, blicken angesichts der allzu
augenscheinlichgewordenenkommerziellenVerwertungvonBlogsundanderen
nutzergeneriertenInhalten„nostalgisch“aufetwaszurück,„dasessonichtmehr
gibt“, wie Ekkehard Knörer es 2017 auf Zeit Online in seinem wörtlich als
„Liebeserklärung“ bezeichneten Rückblick auf die frühen Literaturblogs for-
muliert.57KnörersFazitzuraktuellenSituationfällt jedochpositivaus,daerdas
Bloggen vor allem als eine Formdes sozialen Austausches sieht, die er als re-
spektvolles Interesse an der Meinung und denWahrnehmungen anderer be-
schreibt und die er auch heute noch in neuen Kommunikationsformen wie
beispielsweise auf Twitterwiederfindet. Lothar Struck hingegen, der 2018 auf
literaturkritik.at in einemausführlichenBeitrag auf seine langeundauchüber
die Bloggerszene hinaus bekanntgewordene Karriere zurückblickt, die er als
bloggenderAutodidakt undHandke-Expertemit seinemLiteraturblog58durch-
laufenhat,ziehteinendeutlichenSchlussstrich:„EsbestehtkeinZweifel:diehohe
Zeit des Bloggens, oder besser: der ausführlichen schriftlichen Äußerung im
Internet istvorbei.“DienaheanHandkegebauteTitelzeile„DieUnvernünftigen
geben auf“wird imText erläutert und führt direkt zumKerndogmades auto-
nomen Feldes, also Unangepasstheit und Abgrenzung zum Feld derMassen-
produktion:
DabeiwarBloggenfürmichimmerauchanarchisch.Esisteigentlichunvernünftigweil
es fast nie pekuniäre Erträge bringt |ich habe stets auf Werbung und/oderAmazon-
Button verzichtet). Aber nicht alles, wasman ausNeigung oder gar Leidenschaft tut,
muss entlohntwerden.Manchmal störtdies sogar.59
55 Ebd.
56 DieBüchersäufer.
57 Knörer, 08.03.2017.
58 Begleitschreiben.
59 Struck2018.
Die verkehrteWeltderLiteraturblogs 193
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher