Seite - 21 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Bild der Seite - 21 -
Text der Seite - 21 -
1.1. UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND – FRAGESTELLUNG – VORGEHENSWEISE 21
Blick auf die längerfristigen Folgen der Reform, auch regelmäßig über die-
sen Zeitraum hinausgeblickt. Der Untersuchungszeitraum umfasst damit ei-
nen Kernabschnitt, der von Peter Moraw mit Blick auf die deutsche Univer-
sitätslandschaft als Phase der klassischen Universität bezeichnet worden ist,
die von Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Nationalsozialismus bzw. den
Massenuniversitäten nach dem Zweiten Weltkrieg reichte.27 Für Österreich
kann diese Periodisierung weitgehend übernommen werden, wenngleich der
Beginn auf die Mitte des 19. Jahrhunderts – eben die Ära Thun – verscho-
ben werden muss.28 Außerdem wurde die Epochenbildung Moraws (vorklas-
sische, klassische und nachklassische Phase) vor allem wegen ihrer engen
Perspektivenführung auf einige wenige Universitäten kritisch gesehen und
selbst von Moraw relativiert.29 Allerdings erscheint nicht zuletzt mit Blick
auf die Wirkmächtigkeit dieser Zeit für die Ausbildung eines bis heute an-
haltenden Ideals der Universitäten, die Bezeichnung als ‚klassisch‘ im Sinne
eines Vorbilds durchaus gerechtfertigt.
Die Innsbrucker Universität bestand 1848 aus zwei Fakultäten: einer
juridischen und einer philosophischen. Das medizinisch-chirurgische Stu-
dium war zwar „im Rahmen der Universität“30 verankert, besaß aber nicht
den Charakter einer vollwertigen Fakultät.31 Die Aufwertung der philoso-
phischen Fakultät zu einer vollwertigen und eigenständigen Fakultät war
ein Eckpfeiler der Reform. Zunächst werden daher die bildungspolitischen
und pädagogischen Vorstellungen hinter dieser Maßnahme erörtert (Kap.
3.2.4.). In diesem Kontext wird auch auf Konzepte bzw. Idealvorstellungen
von einer Universität eingegangen, die Innsbrucker Professoren im Rahmen
der Implementation der Reformen an der philosophischen Fakultät disku-
tierten. Damals berieten die beteiligten Professoren auch bildungspoliti-
sche Ziele und Fragen nach der erzieherischen Funktion von Universitäten
27 Vgl. dazu Peter moraw, Aspekte und Dimensionen älterer deutscher Universitätsge-
schichte, in: Gesammelte Beiträge zur deutschen und europäischen Universitätsgeschichte.
Strukturen, Personen, Entwicklungen, Leiden 2008, S. 4–54, hier S. 11–12. Vgl. auch se-
natskommission zur aufarBeitung der Jenaer universitätsgescHicHte im 20. JaHrHundert
(Hg.), Traditionen - Brüche - Wandlungen. Die Universität Jena 1850–1995, Köln 2009, S.
31–33.
28 Vgl. dazu auch Walter HöfLecHner, Österreich: eine verspätete Wissenschaftsnation?, in:
Karl Acham (Hg.), Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften, Wien 1999, S.
93–114.
29 Vgl. bei füsseL, Wie schreibt man Universitätsgeschichte?, S. 288.
30 Franz Huter, Hundert Jahre Medizinische Fakultät Innsbruck 1869 bis 1969 (= Forschun-
gen zur Innsbrucker Universitätsgeschichte 7), Innsbruck 1969, S. 8.
31 Vgl. insgesamt zur Geschichte des medizinischen Studiums bei Heinz HuBer, Geschichte
der Medizinischen Fakultät Innsbruck und der medizinisch-chirurgischen Studienanstalt,
Wien 2010.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen