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1.3. DIE THUN’SCHEN REFORMEN IN DER FORSCHUNG 35
Tirol80 und verfasste unter anderem die besagte Geschichte der Universi-
tät.81 Der Rechtshistoriker Nikolaus Grass schreibt über das Buch:
Probst Werk ist erfüllt von der Liebe zur vaterländischen Hochschule, an der
der Verfasser seine wissenschaftliche Ausbildung genossen, an der er sein ers-
tes akademisches Lehramt bekleidet und die er dann in seiner Stellung als
Studienreferent durch rund zwei Jahrzehnte zu betreuen hatte.82
Diese Liebe zur Universität war gepaart mit einer Hochachtung vor der ös-
terreichischen Bildungstradition. So überrascht es nicht, dass Probst gleich
zu Beginn des Abschnitts über die Reformphase nach 1848 bedauernd da-
rauf hinweist, dass die Revolution abrupt mit dieser Tradition gebrochen
hatte („tabula rasa“83) und „statt der spezifisch österreichischen Bildung eine
allgemeine nach dem Muster der deutschen Universitäten anstrebte“84. Für
Probst waren die Reformen eine Frucht der Revolution, die meisten Maß-
nahmen unausgegoren und auch bei Vollendung seines Werkes 1869 noch
nicht abgeschlossen und daher letztlich den Studienbetrieb lähmend.85 Be-
sonders die Abschaffung der philosophischen Kurse und damit die Möglich-
keit zur „Erlernung der jedem gebildeten Mann zustehenden Kenntnisse“86
schmerzte Probst offenbar. Neben all dieser Kritik scheint er allerdings den
Reformen nicht vollkommen abgeneigt gewesen zu sein. So fand Probst eben
auch, dass die Reform die Universität wieder etwas näher an den „ursprüng-
lichen Zustand“ zurückgeführt hatte und meinte damit wohl die Wiederher-
stellung der akademischen Selbstverwaltung. Gerade die zeitliche Nähe zur
Ära Thun macht das Werk zu einer hervorragenden Quelle zur Umsetzung
der Reformen und zur Wahrnehmung derselben durch einen Zeitgenossen.
Nicht zuletzt der mehrfache Hinweis auf das deutsche Vorbild verdeut-
licht die vielfach auch in anderen Quellen geäußerte Sorge vor dem Verlust
der eigenen, österreichischen Bildungstradition.87 Weitgehend auf Probst
80 Jakob ProBst, Beiträge zur Geschichte der Gymnasien in Tirol, in: Zeitschrift des Ferdin-
andeums für Tirol und Vorarlberg (1858), S. 1–168.
81 Zur Biografie Probst siehe Nikolaus grass, Österreichische Historiker-Biographien. Bei-
träge zur Geschichte der historischen Forschung in Österreich, Innsbruck 1957.
82 grass, Österreichische Historiker-Biographien, S. 77.
83 ProBst, Geschichte der Universität Innsbruck seit ihrer Entstehung bis zum Jahre 1860, S.
341.
84 ProBst, Geschichte der Universität Innsbruck seit ihrer Entstehung bis zum Jahre 1860, S. 341.
85 Vgl. ProBst, Geschichte der Universität Innsbruck seit ihrer Entstehung bis zum Jahre
1860, S. 361.
86 ProBst, Geschichte der Universität Innsbruck seit ihrer Entstehung bis zum Jahre 1860, S.
346.
87 Vgl. auch Kapitel 1.3.2.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen