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1.3. DIE THUN’SCHEN REFORMEN IN DER FORSCHUNG 45
Unterrichtsreform desavouiert und durch die Einführung von Tschechisch
in den Böhmischen Gymnasien einen Samen für den nachfolgenden Natio-
nalitätenkonflikt in der Monarchie gesät. Damit habe Thun verhindert, das
Prinzip durchzusetzen, „daß ein österreichischer Einheitsstaat nur auf deut-
scher Grundlage gebaut werden könne.“145
Positiver in seiner Bilanz war Emil Wahlberg146, bedeutender Professor
für Strafrecht an der Universität Wien. Ganz im Gegensatz zu Herbst lobte
er die Reform der Rechtsstudien und die Förderung der Rechtsgeschichte
durch Thun. Er betonte, dass Thun einer neuen Wissenschaftlichkeit Vor-
schub geleistet habe, die „im Einklange mit dem Geiste der katholischen Kir-
che und mit besonderer Rücksicht auf die Interessen des Kaiserstaates“ den
Anschluss an die deutsche Wissenschaft geschafft habe.147 Wahlberg ordnete
die Thun’schen Reformen auch in die gesamte österreichische Bildungspoli-
tik ein und stellt einen Bezug bzw. eher einen Gegensatz zu den Reformen
unter Maria Theresia her:
Doch besteht zwischen beiden Reformepochen der große Unterschied, dass
1853 der Zweck der österreichischen Universitäten erblickt wurde in der
Pflege der Wissenschaften im Einklange mit dem Geiste der Kirche und mit
besonderer Beachtung der Interessen des Staates, während 1753 das Haupt-
gewicht auf der Pflege der Wissenschaften im Einklage mit dem Geiste der
österreichischen Staatsregierung und den Grundsätzen des Naturrechts so
wie auf gründliche Heranbildung zu öffentlichen Diensten gelegt worden ist.148
Ein Jahrzehnt nach der Entlassung Thuns und zu einem Zeitpunkt, als
erste Auswirkungen der Reformen bereits erkennbar waren, erschienen
mehrere Veröffentlichungen zur Bildungsgeschichte bzw. dem österrei-
chischen Bildungswesen. Beer/Hochegger149 lobten 1867 beispielsweise die
für Geschichte der Deutschen in Böhmen 6 (1868), S. 116–131, S. 120.
145 winter, Das böhmische Sprachgesetz vom Jahre 1865, S. 120.
146 Wilhelm Emil Wahlberg (Prag 1821–1901 Wien), Strafrechtler, ab 1854 ao. Prof. an der
Universität Wien, ab 1860 o. Prof. ebendort, Mitglied des Staatsgerichtshofs und der Straf-
gesetzkommission.
147 Vgl. Emil waHLBerg, Gesammelte kleinere Schriften und Bruchstücke über Strafrecht,
Strafprocess. Gefängniskunde, Literatur und Dogmengeschichte der Rechtslehre in Öster-
reich, Bd. 2, Wien 1877, S. 4–5 und 51.
148 waHLBerg, Gesammelte kleinere Schriften und Bruchstücke über Strafrecht, Strafprocess,
S. 27.
149 Adolph Beer/Franz HocHegger, Die Fortschritte des Unterrichtswesens der Kulturstaaten
Europas. Bd. 1 Frankreich und Österreich, Wien 1867. Zu den Autoren siehe: Beer, Adolph,
in: Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Österreichisches Biographisches
Lexikon, Graz, Köln 1957, S. 63; Hochegger, Franz, in: Österreichisches Biographisches
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen