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1 DIE UMSETZUNG DER THUN-HOHENSTEIN’SCHEN
REFORMEN52
Ähnlich formulierte es auch der Leiter der Versammlung und Direktor des
Theresianums, Alois Egger-Möllwald180, der meinte: „Unsere Versammlung
wurde eröffnet durch die Enthüllung des Denkmals für Leo Grafen Thun,
Bonitz und Exner; sie wurde dadurch zu einem österreichischen Schulfest,
zu einer Feier der Wiedergeburt des österreichischen Mittel- und Hochschul-
wesens.“181 Der bereits erwähnte Salomon Frankfurter fasste die Leistung
Thuns folgendermaßen zusammen:
Für alle Zeiten knüpft sich an den Namen des Grafen Leo Thun die neue Ära
des Unterrichtswesens in Österreich; ihm dankt vornehmlich das Hochschul-
und Mittelschulwesen die Begründung und Ausgestaltung einer neuen Epo-
che, die besonders im Vergleiche mit den früheren Zuständen einen so außer-
ordentlichen Bruch mit der Vergangenheit bedeutete.182
Die freudige Stimmung anlässlich der Enthüllung des Denkmals in Wien
war jedoch nicht ungetrübt. Denn die liberale Zeitung Neue Freie Presse
hatte zwar grundsätzlich Thuns Anteil am Aufschwung der österreichischen
Universitäten hervorgehoben und ausdrücklich gelobt, doch sie äußerte auch
einige Kritik an Thun und kehrte besonders dessen streng konservative Hal-
tung, dessen Ergebenheit gegenüber der Kirche und dessen autoritäre Amts-
führung hervor. Besonders aber blieben die widersprüchlichen Ansichten
Thuns in Erinnerung:
Es ist schon lange her, daß die 18. Versammlung deutscher Philologen und
Schulmänner – im September 1858 – in Wien getagt hat. Der Minister des
absolutistischen Österreich, der den Staat der Kirche ausgeliefert hatte, Graf
Leo Thun, begrüßte damals den Congreß. Er, der spätere fanatische Vertheidi-
ger des czechischen Staatsrechtes, pries die Gemeinsamkeit der wissenschaft-
lichen Bestrebungen in Deutschland und Österreich, deren fortschreitende
Verwirklichung er freudigen Herzens beobachte. Er gab seiner Überzeugung
von der speciellen Bedeutsamkeit einer besonders tüchtigen Vertretung der
Philologie für Österreich Ausdruck. Der Champagner, der dem finsteren Gra-
fen credenzt wurde, ließ ihn nicht vergessen zu sagen, daß vor Allem die Re-
ligion, in zweiter Linie aber die Philosophie und die Philologie berufen seien,
180 Alois Egger-Möllwald (Flattach 1829–1904 Lovrana), Schuldirektor und Germanist, 1855–
57 Gymnasiallehrer in Laibach, 1857–1877 Prof. am akad. Gymnasium in Wien, 1869–
1873 Lehrer des Kronprinzen Rudolf und der Erzherzogin Gisela, 1878–1893 Direktor des
Theresianums in Wien.
181 Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner, in: Wiener Zeitung, 121 (28.05.
1893), S. 4.
182 frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz, S. 15.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen