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1.3. DIE THUN’SCHEN REFORMEN IN DER FORSCHUNG 53
die Geister über das Gemeine zu erheben. Wir verrathen unseren Gästen sein
Geheimnis, wenn wir es aussprechen, daß die Schule, welche classische Bil-
dung lehrt, bei uns nur allzu oft als Sturmbock gegen die staatliche Einheit
wie gegen die deutsche Bildung benützt worden ist und nicht vermocht hat,
die Geister über das Gemeine zu erheben.183
Die Neue Freie Presse schloss damit also an vorhandene Kritik an, die schon
während seiner Amtszeit vernehmlich war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich
aber insgesamt bereits ein positives Bild von Leo Thun durchgesetzt.
1.3.2.3 Die „‚Legende‘ vom objektiven Grafen Thun“?
Frankfurters Biografie184 war bis in die 1960er-Jahre das Standardwerk zu
Thun und dessen Reform und prägte so nachhaltig das Bild des Ministers.
Erst nach dem Erscheinen von Hans Lentzes Arbeit zur Universitätsreform
änderte sich das. Alphons Lhotsky185 musste etwa daraufhin eingestehen,
den Aussagen von Frankfurter allzu sehr Glauben geschenkt zu haben und
dessen Urteil zu sehr gefolgt zu sein.186
Ähnlich kanonisierend war eine Festschrift der Wiener Universität zum
50-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs 1898, wo man liest:
So lange Graf Leo Thun das Steuer des Unterrichts führte, war das Schiff
des wissenschaftlichen Entdeckungsreisenden sicher, auch unter den heftigs-
183 Der Philologentag, in: Neue Freie Presse (20.05.1893), S. 1–2.
184 Von Frankfurter stammt außerdem der Artikel zu Thun in der ADB. Siehe Allgemeine
Deutsche Biographie, Bd. 38, Leipzig 1894, S. 178–212.
185 Alphons Lhotsky (Wien 1903–1968 Wien), Historiker, ab 1946 ao. Prof. an der Universität
Wien, ab 1951 Prof. für Österreichische Geschichte an der Universität Wien.
186 LHotsky, Das Ende des Josephinismus, S. 258–259. Erstmals erschienen 1962 in den Mit-
teilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15, S. 526–549. Im Jahr 1954 hatte Lhotsky
noch geschrieben: „Gerade sein ernster Katholizismus hat ihn niemals gehindert, über
kleinliche Bedenken hinwegzugehen, wo es sich um große Dinge und Ziele handelte; er
sah vor allem auf das Können, er hatte NUR (Herv. durch C.A.) die Wissenschaft und ihre
Förderung vor Augen und mußte darum manche Widersacherschaft auf sich nehmen.“ Al-
phons LHotsky, Geschichte des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 1854–
1954. Festgabe zur Hundert-Jahr-Feier des Instituts (= Mitteilungen des Instituts für Ös-
terreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 17), Graz, Köln 1954, S. 19. Ähnlich
auch bei Richard meister, Die Universitätsreform des Ministers Graf Thun-Hohenstein.
Inaugurationsrede gehalten am 23. November 1949, in: Die feierliche Inauguration des
Rektors der Wiener Universität für das Studienjahr 1949/50, Wien 1949, S. 85–100, hier S.
96–97.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen