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1.3. DIE THUN’SCHEN REFORMEN IN DER FORSCHUNG 65
bundenheit zu Leo Thun auch durch die gemeinsame Herkunft gegeben ge-
wesen sein, Srbiks Vater stammte ebenfalls aus Böhmen.256 Daneben war
Srbik, zwar nur ein knappes Jahr, selbst Unterrichtsminister gewesen und
stand damit in der Nachfolge des Grafen. Dass die Arbeiten zur Thun-Edi-
tion just zu der Zeit in Angriff genommen worden sind, als Srbik an seinem
viel beachteten Werk „Deutsche Einheit“257 arbeitete,258 mag wohl auch da-
ran liegen, dass in der Zeit nach 1848 wesentliche Weichenstellungen für
die politische Entwicklung vollzogen wurden, gleichzeitig wurde speziell in
der Ära Thun die grundlegende Basis für den Aufschwung der Geschichts-
wissenschaft in Österreich gelegt: Damals wurde einerseits eine gewisse
geistige ‚deutsche Einheit‘ hergestellt259, gleichzeitig aber eine spezifisch ös-
terreichische Wissenschaftstradition zu etablieren versucht, die sich zwar
mit einer gesamtdeutschen Entwicklung, wie sie Srbik damals vorschwebte,
nur teilweise vertrug, aber sich dennoch anschickte, der borussischen Ge-
schichtsschreibung etwas entgegenzusetzen.260 Thun und sein Staatssekre-
tär Joseph Alexander von Helfert261 hatten dazu die Gründung eines Insti-
tuts für Österreichische Geschichtsforschung (IOeG) angeregt, das den Weg
zu einer vaterländisch-großösterreichischen Nationalgeschichtsschreibung
ebnen sollte.262 Allerdings scheiterte der Plan Thuns zur Etablierung einer
256 Vgl. Adam wandruzka, Einführung, in: Jürgen Kämmerer (Hg.), Heinrich Ritter von Srbik.
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912–1945, Boppard am Rhein 1988,
S. XI–XXI, hier S. XI.
257 Heinrich Ritter von srBik, Deutsche Einheit. Idee und Wirklichkeit vom Heiligen Reich bis
Königgrätz Bd. 1–4, München 1935–1942.
258 Vgl. auch Heinrich Ritter von srBik, Gesamtdeutsche Geschichtsauffassung. Vortrag gehal-
ten in der allgemeinen Sitzung der 57. Versammlung deutscher Philologen und Schulmän-
ner in Salzburg am 28. September 1929, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwis-
senschaft und Geistesgeschichte (1930), S. 1–12.
259 „Wie Oesterreich wirtschaftlich mit Deutschland eine mitteleuropäische Einheit werden
sollte, so auch geistig-kulturell. Auch die Erneuerung des Unterrichtswesens ist aus dem
großösterreichischen, in den mitteleuropäisch-großdeutschen überfließenden Gedanken
mit zu erklären. Die Autonomie der Hochschulen und die Gelehrtenversammlungen aus
dem engern Deutschland sollten den preußischen Primat der Wissenschaften einholen.
Niemals hat Oesterreich eine so gewaltige Aufwärtsbewegung seiner Universitäten in
Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre und seines ganzen Bildungswesens auch auf
den mittleren und unteren Stufen erfahren, wie durch den Unterrichtsminister Leo Thun.“
Heinrich Ritter von Srbik, Deutsche Einheit. Idee und Wirklichkeit vom Heiligen Reich bis
Königgrätz, Bd. 2, München 1935, S. 131.
260 Vgl. dazu auch Heinrich Ritter von srBik, Geist und Geschichte. Vom deutschen Humanis-
mus bis zur Gegenwart, Bd. 2, Salzburg 1951, S. 92–113.
261 Joseph Alexander Freiherr von HeLfert, Über Nationalgeschichte und den gegenwärtigen
Stand ihrer Pflege in Österreich, Prag 1853.
262 Vgl. auch LHotsky, Geschichte des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 1854–
1954, S. 21–29.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen