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1 DIE UMSETZUNG DER THUN-HOHENSTEIN’SCHEN
REFORMEN68
Ablehnung Kants.272 Wenngleich die Darstellung von Thuns und auch Hel-
ferts Verhalten in diesem Fall kein gutes Licht auf den Minister wirft, so er-
scheint die Kritik auch dem verletzten Stolz des Stifter-Forschers entsprun-
gen.
Dagegen knüpfte Helmut Engelbrecht mehr an die Sicht von Thienen-Ad-
lerflycht an, er erkennt in Thun das Muster „eines sich für das allgemeine
Wohl verzehrenden Beamten, in seiner Gesinnung ein fortschrittlicher Kon-
servativer. Er verstand es, einen zukunftssicheren Weg zwischen Revolution
und Reaktion zu finden.“273
Gerhard Oberkofler charakterisiert Thun als „katholisch-liberal denken-
den, als Politiker aber durchaus auf dem Boden einer römisch-katholischen
Restauration“274 stehenden Minister und ist damit auf der Linie von Lentze.
Helmut Rumpler sieht in Thun schließlich einen Fachminister, der in
Sachfragen mit den Liberalen sympathisierte und nach außen „als Vertre-
ter einer streng konservativen und klerikalen Richtung scheinbar ein poli-
tisches Gegengewicht zur liberalen Kabinettsmehrheit“275 bilden und so die
konservative Hofpartei beruhigen sollte. Auch er deutet Thun als den Typus
eines den liberalen Reformen aufgeschlossenen Bohemoslaven.276
In den 1970er- und 1980er-Jahren hat sich auch die österreichische so-
ziologische Forschung des Themas Universitäten angenommen und damit
auch den Impuls der Universitätsreformen aus den 1970er-Jahren (UOG
1975) sowie die Forderung nach der gesellschaftlichen Relevanz bzw. der
gesellschaftlichen Rückbezogenheit der Universitäten reflektiert. Die In-
itialzündung dazu bildete die große Arbeit von Marina Fischer-Kowalski
und Hermann Strasser vom Institut für höhere Studien, die gleichzeitig
auch als geistige Unterfütterung der Universitätsdebatten und Reformen
der Ära Firnberg anzusehen ist.277 Im Zentrum ihrer Analysen stehen die
272 Siehe domandL, Adalbert Stifters Lesebuch und die geistigen Strömungen der Zeit, S. 85
und 92–106.
273 Helmut engeLBrecHt, Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Un-
terricht auf dem Boden Österreichs, Bd. 4 (Von 1848 bis zum Ende der Monarchie), Wien
1986, S. 27–28.
274 Gerhard oBerkofLer, Die Petition der drei weltlichen Fakultäten um Aufhebung der Jesu-
itenfakultät von Jahr 1873. Ein Beitrag zur Geschichte des Kampfes zwischen kirchlichem
und freiem Denken an der Universität Innsbruck, in: Tiroler Heimat 36 (1973), S. 77–91, S.
78.
275 Helmut rumPLer, Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsver-
fall in der Habsburgermonarchie (= Österreichische Geschichte 6), Wien 1997, S. 321.
276 rumPLer, Eine Chance für Mitteleuropa, S. 335.
277 Marina fiscHer-kowaLski/Hermann strasser, Selbstbestimmung und Fremdbestimmung
der österreichischen Universität. Ein Beitrag zur Soziologie der Universität. Im Auftrag
des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, Wien September 1973.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen