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2 DIE THUN-HOHENSTEIN’SCHEN REFORMEN
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einen zentralen Stellenwert besaß, wurde stark eingeschränkt und zu einer
philosophischen Propädeutik. Philosophie im engeren Sinn sollte erst an den
Universitäten unterrichtet werden. Im Gegensatz zum preußischen huma-
nistischen Gymnasium hatte Exner auch besonders die naturwissenschaft-
lichen Fächer und die Mathematik in das Curriculum aufgenommen und
somit einen Gegenpol zum sprachlichen Unterricht geschaffen.104 Allgemein
wird dies auf den Einfluss der Pädagogik Herbarts auf das Denken Exners
zurückgeführt, der damit Einseitigkeiten verhindern sowie der wichtigen
Stellung der Naturwissenschaften im realen Leben Rechnung tragen und
durch die breitere Streuung der Unterrichtsgegenstände eine wechselseitig
fruchtbare Beziehung stiften wollte.105 Eine weitere wichtige Neuerung war
die Abschaffung der Klassenlehrer zugunsten von Fachlehrern. Am Ende
der achtklassigen Gymnasien stand die Maturitätsprüfung, deren erfolgrei-
che Absolvierung zum Besuch der Universität berechtigte.
Gleichzeitig mit der Neuorganisation der Gymnasien schuf man mit den
Realschulen einen neuen Schultyp im sekundären Bildungsbereich. Die Re-
alschulen sollten zwar auch allgemeine Bildung vermitteln, jedoch „ohne
wesentliche Benützung der alten klassischen Sprachen und Literatur“.106
Der Abschluss der Realschulen berechtigte nicht zum Besuch der Universi-
tät, sondern sollte als „Vorbildung für die gewerblichen Beschäftigungen als
auch [der] Vorbereitung zu den technischen Lehranstalten“107 dienen.
104 Vgl. dazu besonders bei Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Bildungswesens, Bd.
4, S. 147–149.
105 Vgl. bei meister, Entwicklung und Reformen des österreichischen Studienwesens, Ab-
handlung, S. 98–101, auf S. 100–101 auch eine Auflistung der Unterrichtsfächer. Vgl.
zuletzt auch bei Richard oLecHowski, Zwei Forschungsparadigmen in der Pädagogik: der
‚transzendentalkritische‘ und der ‚empirische‘ Ansatz, in: Karl Fröschl/Gerd Müller/Tho-
mas Olechowski/Brigitta Schmidt-Lauber (Hgg.), 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch
ins neue Jahrhundert, Bd. 4 (= Reflexive Innensichten aus der Universität: Disziplinenge-
schichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik), Göttingen 2015, S. 385–399,
hier S. 385–386.
106 Organisationsentwurf, Plan der Realschulen §1. Hier zeigt sich auch noch einmal ein we-
sentlicher Unterschied zu den Vorstellungen von Feuchtersleben, der einen gemeinsamen
Unterbau von Realschulen und den allgemeinen Gymnasien vorgesehen hatte. Siehe bei
meister, Feuchterslebens Anteil an der Unterrichtsreform 1848 und an der Akademie der
Wissenschaften, S. 236–237.
107 Organisationsentwurf, Plan der Realschulen §1.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen