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2 DIE THUN-HOHENSTEIN’SCHEN REFORMEN
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des Josephinismus mit der politischen Freiheitsidee“129 englischer Prägung
sowie die protestantische Ethik zu einem sozialen und wirtschaftlichen Re-
formprogramm, welches „das Volk mit dem Herren emporbilden“130 sollte.
Die Prägung durch den Vater wird hier besonders deutlich, betrachtet man
Leo Thuns Ansichten zur Grundentlastung sowie zur Reform der Gemein-
den in den Jahren nach der Reform von 1848 sowie seine gesellschaftspoli-
tischen Überzeugungen. Das Eintreten für eine neo-ständische Gesellschaft
und das Zurückdrängen liberal-zentralistischer Ideen in seiner zweiten Le-
benshälfte zeugen von diesen Anschauungen.131 Prägend sowohl für Vater
als auch Sohn waren überdies die Ideen des Philosophen und Mathemati-
kers Bernard Bolzano und dessen Versuch, den Rationalismus der Aufklä-
rung mit den Glaubenssätzen der Kirche zu verbinden. Die sozial-ethischen
Reformideen Leo Thuns verstärkten sich überdies bei seinen Aufenthalten
in England (Oxford und London), wo er das dortige Wohlfahrtswesen ken-
nenlernte. In der Folge engagierte sich Thun auch in seiner Heimat für die
Reform des Strafvollzuges132 und war führend bei der Gründung des Vereins
zum Wohl entlassener Züchtlinge in Prag sowie der Anstalt zur Erziehung
verwahrloster Kinder.
Nach seinen Lehr- und Wanderjahren trat Thun 1835 zunächst in den
böhmischen Staatsdienst ein und diente als Konzeptspraktikant beim Pra-
ger Kriminal- und Zivilrecht. Nach Tätigkeiten in diversen Justizämtern
Böhmens legte Thun schließlich die Richteramtsprüfungen aus dem Krimi-
nal- und Zivilrecht ab. Bereits 1842 wechselte er in den politischen Verwal-
tungsdienst und war als Kreiskommissär in mehreren böhmischen Kreisen
tätig, ehe er 1845 nach Wien übersiedelte und zunächst als Sekretär der
niederösterreichischen Landesregierung und anschließend als Hofsekre-
tär diente. Schließlich bewarb er sich um eine Stelle als Gubernialrat bei
der galizischen Landesstelle in Lemberg. Kurz zuvor hatte er Caroline von
Clam-Martinic133 geheiratet, deren Familie wie Thun selbst dem böhmischen
Hochadel entstammte. Mit Carolines Bruder Heinrich Jaroslav134 verband
Thun in der Folge eine persönliche und politische Freundschaft und das
129 Vgl. hierzu besonders tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun im Vormärz, S. 47.
130 tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun im Vormärz, S. 48.
131 Vgl. dazu auch besonders den Briefwechsel Thuns mit Karl Wolkenstein.
132 Leo tHun-HoHenstein, Die Notwendigkeit der moralischen Reform der Gefängnisse mit
Hinweisung auf die zur Einführung derselben in einigen Ländern getroffenen Maßregeln
beleuchtet, Prag 1836.
133 Caroline Clam-Martinic (1822–1898 Bad Ischl), ab 1847 Gattin von Leo Thun.
134 Heinrich Jaroslav Clam-Martinic (St. Georgen, Ungarn 1826–1887 Prag), 1853–1859 Lan-
despräsident von Westgalizien, 1860 Mitglied des Reichsrates, Ehrenmitglied der Kgl.-
Böhm. Gesellschaft der Wissenschaften.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen