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2 DIE THUN-HOHENSTEIN’SCHEN REFORMEN
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nisterschaft. Thuns Anteil am Abschluss des Konkordats war allerdings weni-
ger groß, als ihm vielfach ‚angelastet‘ wird150 und gerade was die Universitä-
ten anbelangt, hatte er den Einfluss der Kirche durchaus begrenzt. Dennoch
war das Konkordat für Thun ein zentrales Projekt seiner Ministerschaft, zu-
mal damit ein Bündnis von Thron und Altar festgeschrieben wurde, das lang-
fristig für stabile gesellschaftliche Verhältnisse sorgen sollte.
Das Jahr 1855 kennzeichnet nicht nur durch den Abschluss des Konkor-
dats eine Zäsur in Thuns Amtszeit, in dieses Jahr fällt auch die kaiserliche
Sanktionierung des reformierten juridischen Studienplans und damit ein zen-
trales Projekt von Thun. Im Gegensatz zur grundlegenden Reform der Uni-
versitäten, bei der er die Pläne von Exner und Bonitz umgesetzt hatte, war
die Reform des juridischen Studienplans hingegen weitgehend von ihm selbst
ausgegangen.151 Gleichzeitig verbesserte sich damit auch Thuns Position – bis
dahin war nämlich mehrfach über eine Absetzung Thuns spekuliert worden.152
Anlass hierzu gaben besonders die Kritik an der Unterrichtsreform durch den
Reichsrat und vonseiten seiner Kollegen im Ministerrat bzw. der Widerstand
mächtiger Interessengruppen gegen die Reformen, wie etwa die Doktorenkol-
legien der Universität Wien.153 Nach 1855 agierte Thun wesentlich gefestigter
in seinem Amt, die öffentliche Kritik wurde geringer und Thun wagte sich
daher auch an schwierigere Projekte heran. Eines davon war die Ausarbei-
tung und Einsetzung eines neuen Status für die Wiener Universität, was aber
letztlich scheiterte.154 Ein zweites wichtiges Projekt war die Neuregelung der
rechtlichen Stellung der Protestanten im Reich, die 1859 mit dem Protes-
tantenpatent für Ungarn erfolgte (1860 allerdings wieder zurückgenommen
wurde) bzw. dem Protestantenpatent von 1861.155
150 Zu den Verhandlungen zum Konkordat fehlen aktuelle Studien, daher immer noch Max
Hussarek, Die Verhandlungen des Konkordats vom 18. August 1855. Ein Beitrag zur
Geschichte des österreichischen Staatskirchenrechts, in: Archiv für österreichische Ge-
schichte (1922); diesem weitgehend folgend Erika weinzierL-fiscHer, Die österreichischen
Konkordate von 1855 und 1933, Wien 1960.
151 Dazu selbst siehe nach wie vor bei Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo
Thun-Hohenstein, S. 236–249, sowie im Anhang die Dokumente dazu.
152 Vgl. dazu etwa Heinrich Suchecki an Unbekannt, Lemberg, 30. Juli 1850, Nachlass Leo
Thun-Hohenstein, A3 XXI D64, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tet-
schen-Bodenbach; Ficker an Feil, Innsbruck 16.03.1853, 129.621, Wienbibliothek, Hand-
schriftenabteilung; raPP, Alois Flir, S. 24–25.
153 Vgl. dazu bei Waltraud HeindL, Einleitung, in: Die Protokolle des österreichischen Minis-
terrates (1848–1867). III. Abteilung (Das Ministerium Buol-Schauenstein), Bd. 3, Wien
1984, S. IX–XXXVII, hier S. XXVII–XXVIII.
154 Vgl. dazu ausführlich in der Einleitung der Auswahledition der Thun’schen Korrespon-
denz. Diese erscheint voraussichtlich 2019.
155 Vgl. Friedrich gottas, Die Frage der Protestanten in Ungarn in der Ära des Neoabsolutis-
mus. Das ungarische Protestantenpatent vom 1. September 1859, München 1965.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen