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2.6. LEO THUN-HOHENSTEIN 105
gagierte sich Thun einerseits für die Gründung einer „katholisch-konser-
vativen Rechtspartei“, wenngleich er – an das Vorbild England denkend
– die praktische Umsetzung dieses Vorhabens in Österreich als beinahe
aussichtsloses Unterfangen ansah.168 Wichtiger erscheint indes seine Tä-
tigkeit als Herausgeber der Zeitung Das Vaterland. Zeitung für die öster-
reichische Monarchie, die Thun von 1865 bis wenige Wochen vor seinem
Tod im Jahr 1888 innehatte. Die Zeitung war eine Gründung konservati-
ver Föderalisten, die sich überwiegend aus dem Kreis des böhmischen und
mährischen Adels rekrutierten (Wolkenstein, Clam, Lobkowitz, Belcredi).
Thun verfasste für die Zeitung auch zahlreiche Artikel, besonders zu innen-
politischen Themen, und propagierte so seine föderalistischen Pläne und
Alternativen zum Zentralismus. Die Leitlinie der Zeitung kann als „katho-
lisch – österreichisch – konservativ – christlichsozial“169 bezeichnet werden.
Seit 1875 prägte besonders der norddeutsche Konvertit Karl Vogelsang die
Linie des Blattes, indem er die soziale Frage zunehmend in den Mittelpunkt
der Berichterstattung stellte, was zahlreiche Förderer der Zeitung kritisch
betrachteten. Als sich Vogelsang der antisemitischen Bewegung der Verei-
nigten Christen anschloss und auch das Blatt in diese Richtung mitzog, kam
es schließlich zum Bruch mit Thun, der daraufhin die Leitung der Zeitung
abgab.170
Leo Thun starb am 17. Dezember 1888 in Wien.
2.6.3. Thuns universitäts- und wissenschaftspolitische Leitlinien
Wie bereits erwähnt, hatte Thun sich bei der Reform der Universitäten (und
Gymnasien) auf die ausgearbeiteten Reformpläne von Franz Exner verlas-
sen und diese unterstützt. Allerdings hatte er sich kurz vor seinem Amtsan-
tritt auch bei Karl Ernst Jarcke, einem vormaligen Mitarbeiter der Metter-
nichschen Staatskanzlei und Herausgeber der Historisch-politischen Blätter
für das katholische Deutschland, einige Anregungen für seine zukünftige
168 Vgl. tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun-Hohenstein als nachjosephinischer Vorkämpfer
eines aufgeklärten Konservativismus, S. 160.
169 tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun-Hohenstein als nachjosephinischer Vorkämpfer eines
aufgeklärten Konservativismus, 162.
170 Vgl. dazu besonders HöBeLt, Die deutsche Presselandschaft, S. 1837–1838. Besonders auf-
schlussreich im Hinblick auf die Geschichte der Zeitung ist die jüngst erschienene Edition
der Tagebücher von Egbert Belcredi: Lothar HöBeLt/Johannes kaLwoda/Jiří Malíř (Hgg.),
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894. Nach editorischen Vorarbeiten von
Antonín Okáč, Wien, Köln, Weimar 2016.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen