Seite - 140 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Bild der Seite - 140 -
Text der Seite - 140 -
3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
INNSBRUCK140
naus war es Professoren gestattet, noch andere Kollegien für ein beliebig
höheres Kollegiengeld anzubieten. Mindestens alle drei Semester musste ein
Professor zudem ein unentgeltliches Kollegium lesen (publicum). Privatdo-
zenten und unbesoldete außerordentliche Professoren durften ihre Kollegien
entweder zu dem gesetzlichen Minimum von einem Gulden pro Wochen-
stunde oder zu einem höheren Kollegiengeld anbieten.
Die Kollegiengelder waren nicht vollkommen neu. Bis zu den Reformen
unter Kaiser Joseph II. waren sie verbreitet gewesen. Damals wurden sie
durch ein allgemeines Unterrichtsgeld ersetzt, das zunächst 18 fl. für Lyzeen
und 30 fl. für Universitäten pro Studienjahr betrug.148 Wie die Informationen
bei de Luca aber zeigen, waren diese Kosten auch sozial gestaffelt und so
mussten etwa Adelige ein höheres Honorar berappen.149 Schon wenige Jahre
nach der Josephinischen Reform schlug Johann Melchior Birkenstock aller-
dings vor, diese Regelung wieder zu ändern und mit Kollegiengeldern eine
Verbesserung der Gehälter der Professoren und damit auch eine Steigerung
von deren Ansehen und Lebensbedingungen zu erreichen. Birkenstock, der
dabei das Beispiel von Göttingen vor Augen hatte, wollte darüber hinaus
ein Anreizsystem einführen, das herausragenden Professoren auch finanzi-
elle Vorteile verschaffte.150 Zuletzt hatte besonders William Clark auf die-
ses marktwirtschaftliche System von Angebot und Nachfrage in Göttingen
hingewiesen, das Professoren und Dozenten einerseits größere Freiheit bei
der Gestaltung ihrer Lehre bot, sie andererseits auch zu mehr und besserer
Lehre antrieb und damit auch eine neue Dynamik in den Wissenschaftsbe-
trieb brachte.151
Bei der Einführung der Kollegiengelder in Österreich im Jahr 1849 bzw.
bei der detaillierten Regelung derselben ein Jahr später wurde auf den „in-
nigen Zusammenhange zwischen der Entrichtung von Collegiengeldern und
dem ganzen Systeme der Lehr- und Lernfreiheit“152 verwiesen. Die Kollegi-
engelder wurden als Instrument gesehen, die Unabhängigkeit der Lehren-
den sicherzustellen: Sie boten den Professoren die Möglichkeit, unabhängig
148 Vgl. dazu bei Helmut engeLBrecHt, Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Er-
ziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs, Bd. 3 (= Von der frühen Aufklärung
bis zum Vormärz), Wien 1984, S. 198.
149 de Luca, Versuch einer akademischen gelehrten Geschichte, S. 105.
150 Vgl. dazu bei Johann Melchior von Birkenstock, Johann Melchior von Birkenstocks kurzge-
faßte Geschichte der in den k.k. Erblanden im Schul- und Studienwesen bisher gemachten
öftern neuen Einrichtungen und Versuche (= Retrospektiven in Sachen Bildung. Überse-
hene Quellen 4), Klagenfurt 1996, S. 27–29.
151 Siehe bei cLark, Academic charisma and the origins of the research university, S. 152–153
und S. 378–381.
152 RGBl 310/1850, § 15.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen