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3.4. ERSTE PROBLEME BEI DER UMSETZUNG DER REFORM 141
von den vorgeschriebenen Kollegien (bezahlte) Privatkollegien anzubieten,
in denen sie den Inhalt frei wählen konnten. Auch sollte das neu eingeführte
Amt der Privatdozenten mit den Kollegiengeldern finanziert werden, wobei
auch hier auf die Lehrfreiheit verwiesen wurde. Um die Existenz der Privat-
dozenten aber nicht zu gefährden, war es notwendig, für alle Kollegien (mit
Ausnahme der publica) ein Kollegiengeld zu entrichten. Thun war nämlich
davon überzeugt, das Privatdozententum sei
zum Voraus zu einem steten Siechtum verurtheilt, ja es wird geradezu unmög-
lich, wenn dadurch, daß alle wichtigeren Collegien von den angestellten or-
dentlichen und außerordentlichen Professoren unentgeltlich gelesen werden,
den Privatdozenten die Bedingungen ihrer Existenz entzogen sind.153
Darüber hinaus würde ein Kollegiengeld für alle Kollegien auch die besolde-
ten Professoren zu höheren Leistungen anspornen.
Gleichzeitig unterstrich Thun auch die Steuerungsfunktion der Kollegien-
gelder sowohl für Studenten als auch für die Lehrenden. Studenten könnten
so die Lernfreiheit besser nutzen: einerseits würden sie davon abgehalten,
im Eifer und in Ausreizung der neuen Freiheiten zu viele Kollegien zu be-
suchen und dadurch den Lernerfolg zu gefährden, andererseits würde ein
vorgegebener ‚Preis‘ für eine Lehrveranstaltung den Wert derselben ausdrü-
cken.154 Mit den Kollegiengeldern war aber auch ein kompetitives Element in
die Universität eingeführt worden, indem nun sowohl Professoren als auch
Privatdozenten um den Zuspruch der Studenten wetteiferten und dies mit
einem finanziellen Anreiz verbunden worden war. Diese „geistige Concur-
renz“155, so Thun, sei ein wesentliches Element der Lehrfreiheit in seinem
Majestätsvortrag.
Die Einführung der Kollegiengelder war auch bei den Verhandlungen
deutscher Universitätslehrer in Jena im Herbst 1848 diskutiert worden. Zum
damaligen Zeitpunkt – also noch vor der provisorischen Genehmigung des
Reformwerks – waren vor allem die Vertreter aus Wien skeptisch gewesen,
was die Einführung von Kollegiengeldern an den österreichischen Universi-
täten betraf, da es diese in Österreich bisher nicht gebe. Dennoch stimmten
auch sie dem Argument zu, dass die Einführung der Position des Privat-
dozenten die Einhebung von Kollegiengeldern notwendig mache und damit
eine Angleichung der Rechtslage innerhalb des Deutschen Bundes vollzogen
würde. Dem Tenor der gesamten Veranstaltung entsprechend, begrüßten
153 RGBl 416/1849.
154 RGBL 416/1849, S. 754–755.
155 tHun-HoHenstein, Majestätsvortrag, S. 2336.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen