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3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
INNSBRUCK144
die rechtliche Stellung der Universität. Durch die Einführung des Kollegien-
geldes, das ja an den jeweiligen Dozenten oder Professor gezahlt wurde, ent-
stand – so legt es etwa auch der Autor im Bothe für Tirol und Vorarlberg166
nahe – der Eindruck, der Staat entziehe sich seiner Verantwortung für die
ausreichende Besoldung der Professoren. Der Staat, so die Kritik des Autors,
schwäche damit seinen Einfluss auf die Universität und stärke den schon
als überholt gedachten, einer vergangenen Zeit angehörenden korporativen
Charakter der Universität, indem der Unterricht gewissermaßen zu einem
Geschäft zwischen Student und Professor werde.
In dieselbe Kerbe schlug ein gutes Jahrzehnt später auch Josef Kopp, der im
Jahr 1875 den Antrag im Reichsrat stellte, die Kollegiengelder wieder abzu-
schaffen und dafür ein allgemeines Unterrichtsgeld einzuführen. Mit dem Vor-
haben sollten die Professoren zu regulären Beamten gemacht und der Charak-
ter der Universität als Staatsanstalt unterstrichen werden. Dagegen formierte
sich jedoch rasch intensiver Widerstand der Professoren, wobei mehrfach auch
auf die bekannten Argumente, die schon Thun bei der Einführung vorgebracht
hatte, verwiesen wurde. Der Antrag wurde schließlich abgewehrt und die Kol-
legiengelder blieben bis weit ins 20. Jahrhundert bestehen.167
3.4.1.2. Professoren und Lehrer
Wenn wir nun wieder zurückkommen auf die Umsetzung der Reformen in
Innsbruck, so zeigt sich, dass mit der Gehaltsfrage auch ein weiterer wich-
tiger Punkt verbunden war, der eine Rolle bei der Reorganisation der phi-
losophischen Fakultät spielte: Nicht alle Mitglieder des Kollegiums der
philosophischen Fakultät kamen nämlich in den Genuss der neuen Gehalts-
vorschriften. Diejenigen Personen, die keinen Lehrstuhl besetzten, sondern
lediglich eine Sprache oder eine andere Fertigkeit unterrichteten, profitier-
ten nicht davon. Bis 1848 waren die Lehrenden der philosophischen Fa-
kultät an Rang und Lohn untereinander mehr oder weniger gleichgestellt
gewesen. Doch mit der Reform und der Höherstellung der Fakultät wurde
zwischen Professoren und Lehrern nun streng unterschieden. Letztere wa-
ren schon bei der Übertragung der Leitung der Fakultäten an die jeweiligen
Professorenkollegien von diesen ausgeschlossen worden.168 Als Lehrer galten
166 Vgl. Collegiengelder, oder nicht?
167 Vgl. zu dieser Auseinandersetzung die Darstellung bei stadLer et al., Die Universität Wien
im Kontext von Wissens- und Wissenschaftsgesellschaft, S. 229–232.
168 Erlaß des provisorischen Ministers des Unterrichts vom 3. Februar 1849, womit Erläuterun-
gen der Bestimmungen hinsichtlich der vom Lehrkörper der Facultät-Studien Angehörigen
gegeben werden, RGBl 114/1848. .
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen