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4 ENTWICKLUNGSTENDENZEN DER UNIVERSITÄT IN DER ÄRA
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falls nur deshalb mit allem Nachdrucke, um zu zeigen, wohin der Plan, die
Naturwissenschaften aus den Unterrichts-Anstalten zu
verbannen, führen würde!“29 Er spielte damit offenbar auf eine Aussage
des Jesuiten-Generals Petrus Beckx SJ an, der von Leo Thun als Bedingung
für die Übernahme von Gymnasien durch den Orden gefordert hatte, die
naturgeschichtlichen Fächer erst im Obergymnasium lehren zu müssen.30
Das Beispiel von Innsbruck wurde damit zum Negativbeispiel dafür, wohin
eine (natur-)wissenschaftsfeindliche Atmosphäre führen werde – zurück in
dunkle Zeiten.
Dem gegenüber lässt sich trotz dieser allgemeinen Modernisierungsten-
denzen auch ein Rückgriff auf Traditionen feststellen. In diesem Zusammen-
hang müssen an erster Stelle die Initiativen von Professor Karl Ernst Moy
de Sons genannt werden, der bei verschiedenen Anlässen universitäre Tradi-
tionen zu betonen versuchte: Besonders deutlich wird dies etwa, wenn er im
Zuge der Eröffnung der theologischen Fakultät auf die historische Mission
der Universität als Verteidigerin des katholischen Glaubens in der Phase
der Aufklärung verwies.31 Außerdem versuchte Moy die traditionellen aka-
demischen Gottesdienste wieder stärker im Alltag des universitären Lebens
zu verankern und forderte dazu auch eigene, spezielle Plätze für Universi-
tätsangehörige in der Kirche der Universität.32 Persönlich versuchte Moy
außerdem in seiner 1856 gegründeten Zeitschrift Archiv für katholisches
Kirchenrecht auch den Gebrauch des Lateins als Sprache der Wissenschaft
wieder zu forcieren und damit auch hier eine gewisse Annäherung an aufge-
gebene universitäre Traditionen zu vollziehen.33
Daneben gab es innerhalb der Universität auch Bestrebungen, besondere
universitäre Anlässe feierlicher zu vollziehen. Dies kann als Versuch gedeu-
tet werden, die Universität wieder stärker in ihrer traditionellen Rechtsform
als korporative Gemeinschaft zu etablieren und damit auch die Rationalisie-
rungsmaßnahmen Kaiser Josephs II. vergessen zu machen. Wie in anderen
29 Kein Licht, in: Die Presse, 104 (07.05.1858). Sperrdruck im Original.
30 Der Artikel war unter anderem ein Teil des Prozesses, den Redakteure der Presse gegen
den Herausgeber der Wiener Kirchenzeitung, Sebastian Brunner, angestrengt hatten. Die
Redakteure warfen Brunner dabei Ehrenbeleidigung vor. Brunner hatte sich zuvor in der
Wiener Kirchenzeitung über die Berichterstattung der Presse und deren kirchenfeindliche
Haltung empört. Siehe dazu das Urteil in dem Prozess, in dem auch kurz auf den Zusam-
menhang zwischen dem Artikel „Kein Licht“ und den Forderungen der Jesuiten eingegan-
gen wird, als Beilage zu Die Presse, 180 (22.07.1859).
31 Vgl. dazu Kapitel 6.5.
32 Moy an das Landespräsidium, Innsbruck 05.12.1857, Statthalterei Studien 22548 ad
12987/1857, Tiroler Landesarchiv.
33 Moy an Fessler, Innsbruck 08.11.1856, Nachlass Fessler 5, Diözesanarchiv St. Pölten.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen