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4.2. DIE STUDENTEN AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK IN DER REFORMÄRA THUNS 161
Die juridische Fakultät zog in den 1850er-Jahren die meisten Studenten
an. An der philosophischen Fakultät gab es hingegen im Jahrzehnt nach den
Reformen nur wenige Studenten. Für das Jahr 1849/50 mussten die Profes-
soren dieser Fakultät sogar vermelden, es „wollte sich mit Ausnahme eines
zufällig anwesenden Schweizers niemand ausschließlich den Studien der
philosophischen Fakultät widmen, weil die wirkliche Existenz derselben in
Frage gestellt zu sein schien“42. Die Unsicherheit durch die Reform war al-
lerdings nicht der einzige Grund, warum sich nur wenige Studenten für ein
Studium an der philosophischen Fakultät entschieden. Durch die Verlänge-
rung der Gymnasien um zwei Jahre blieben die Absolventen der Gymnasien
als Erstsemester zunächst aus. Zwar steigerten sich in den folgenden Jahren
die Studentenzahlen an dieser Fakultät, doch mehr als 53 (1854/55) Studen-
ten konnten für diese Fakultät in diesem Jahrzehnt nie verzeichnet werden.
Der Grund für die hohe Zahl in diesem Jahr, die eine Verdopplung der Stu-
dentenzahlen an dieser Fakultät bedeuteten, war die Einrichtung des Phar-
maziestudiums im Jahr 1854.43 Der Mittelwert lag in etwa bei der Hälfte
dieses Werts. Häufig sind daher auch die Klagen über die geringe Anzahl an
Studenten an dieser Fakultät. Die Gründe für ein weiteres Ausbleiben der
Studenten lagen aber auch darin, dass es abgesehen von der Laufbahn als
Gymnasiallehrer wenige Berufsbilder gab, die ein Studium an der philoso-
phischen Fakultät notwendig machten. Die Funktion der Universität, den
wissenschaftlichen Nachwuchs heranzuziehen, war zunächst zu vernachläs-
sigen. Die einzige realistische Berufsaussicht bot sich im Gymnasiallehramt,
da nach der Reform der Gymnasien zwar ein großer Bedarf an qualifizierten
Lehrern herrschte, der allerdings gleichzeitig wenig Prestige besaß und da-
her meist nur ärmere Studenten anzog. Auch war das Lehrergehalt zwar
sicher, aber blieb noch bis in die 1870er-Jahre bescheiden.44
Die Professoren der Universität gaben als einen weiteren Grund die ge-
ringe Anzahl an Gymnasien in Tirol im Vergleich zum Rest der Monarchie
an, weshalb die Berufsaussichten an den Gymnasien und neu geschaffenen
ten Zahlen siehe ebendort, S. 166–167; nähere Hinweise zur Deutung der Zahlen auch bei
oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945), S. 165–178.
42 Hauptbericht über den Zustand der philosophischen Fakultät (Konzept), Innsbruck
06.12.1850, Akten der Philosophischen Fakultät, PH 16, 41 ex 1850/51, Universitätsarchiv
Innsbruck.
43 Vgl. dazu bei goLLer, Die Matrikel der Universität Innsbruck. Pharmaziestudenten, S.
2–4; kLetter, Pharmazie an der Universität Innsbruck.
44 Vgl. dazu die Überlegungen von Hermann Bonitz: Bonitz an Thun, Juli 1858, Nachlass
Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D463, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle
Tetschen-Bodenbach; Bonitz an Thun, Wien 9. September 1860, A3 XXI D610, Staatliches
Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen