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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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sich veranlasst sieht, einen Professor anzustellen, von dem sie im voraus
weiß, daß er der bestehenden Mehrheit des Lehrkörpers nicht erwünscht
sein werde.8
Im Folgenden wird daher die Anregung Lentzes aufgegriffen und die Perso-
nalpolitik Thuns am Beispiel der Universität Innsbruck genauer untersucht.
Ein Schwerpunkt in der Untersuchung liegt auf dem Berater-Netzwerk, das
sich Thun im Laufe seiner Ministerzeit aufgebaut hat. Gleichzeitig muss
im Auge behalten werden, dass der Innsbrucker Universität ein Sondersta-
tus innerhalb des österreichischen Bildungssystems zugeschrieben wurde,
und zwar als Universität, „auf welcher kirchlich und politisch conservative
Tendenzen vorzugsweise gepflegt werden“9 sollten. Inwiefern sich dieser An-
spruch auf die Berufungspolitik niedergeschlagen hat, wird in diesem Kapi-
tel ebenfalls thematisiert.
Die Korrespondenz Leo Thuns wurde bereits mehrfach als wichtige Quel-
lengruppe für die Erforschung der Politik Thuns erwähnt. Um ein umfas-
sendes Bild zu erhalten, wird diese Korrespondenz durch zahlreiche andere
Briefe unterschiedlichster Schreiber ergänzt. Daneben sind es vor allem die
Akten der Fakultäten und des Unterrichtsministeriums, die Einblick in die
Berufungsverfahren gewähren. Man wird jedoch sehen, dass die bloße Be-
achtung der amtlichen Quellen – und das war in der Vergangenheit oftmals
der Fall –vielfach einen nur eingeschränkten und verkürzten Blick gewährt.
Erst die Kenntnis der Vorgänge, die im Hintergrund von Berufungen ab-
gelaufen sind, erlaubt einen tieferen Einblick in die teilweise komplexen
Zusammenhänge von Thuns Personalpolitik. Die Lektüre wird auch zeigen,
dass die Quellenlage sehr unterschiedlich ist. Einige Berufungsverfahren
sind sehr gut dokumentiert, manche weniger gut, wenige fast gar nicht. Will
man das nicht allein auf die Überlieferungsgeschichte zurückführen, so lässt
sich die Frage stellen, inwieweit die Quantität an überlieferten Briefen und
Akten in einzelnen Berufungsangelegenheiten auch die Bedeutung der Be-
rufung widerspiegelt – in wissenschaftlicher Hinsicht oder im Hinblick da-
rauf, ob Thun einer Berufung hohe wissenschaftliche oder symbolische Be-
deutung zuerkannt hat. Gleichzeitig kann man davon ausgehen, dass Thun
gerade mit Beratern, die in Wien lebten, in vielen Fällen mündliche Ver-
handlungen pflegte. Diese Vermutung legen etwa Briefe im Nachlass von
8 Die Neugestaltung der österreichischen Universitäten über Allerhöchsten Befehl darge-
stellt von dem k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht, S. 59.
9 Memorandum von Karl Ernst Jarcke, Welholzen bei Traunstein 5.08.1849, Nachlass Leo
Thun-Hohenstein, A3 XXI C133, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tet-
schen-Bodenbach.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen