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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Auch hier zeigt sich wieder dasselbe Motiv wie im Brief von Bissingen an
Thun: Phillips als Aushängeschild katholischer Wissenschaft wird seine
Gegner durch seine geistige Übermacht verstummen lassen. Die Berufung
von Phillips war aber noch in anderer Hinsicht ein Grund zu Freude für die
Zeitung, denn man glaubte durch die Ernennung einer solchen „Celebrität“
auch einen weiteren Beweis für die Sicherung des Fortbestandes der Uni-
versität, ja womöglich für die baldige Vervollständigung der Universität er-
kennen zu können.58 Die liberale Innsbrucker Zeitung hingegen äußerte sich
weniger erfreut, wenngleich auch sie durch die Ernennung von Phillips neue
Hoffnung für eine Vervollständigung der Universität schöpfte, ein Wunsch,
der offenbar allen politischen Richtungen gemein war. Die Redakteure der
Zeitung glaubten nämlich, dass durch die Berufung des Münchener Profes-
sors die Chancen für eine Vervollständigung der Universität gestiegen wa-
ren, weil „das Brixner Konsistorium nun weniger Anstand nehmen werde,
die theologische Fakultät hierher zu übertragen, da die hiesige Universität
dem Klerus so genehme Lehrer wie Philipps[sic!] erhält.“59
Die Berufung von Phillips nach Innsbruck war tatsächlich eine kleinere
Sensation gewesen, denn Phillips war besonders in katholischen Kreisen
bekannt und ein angesehener, zugleich aber streitbarer Vertreter des poli-
tischen Katholizismus. Daher überrascht es auch nicht, dass das Thema in
liberalen Blättern – wie es Bissingen vorhergesagt hatte – schon kurz nach
dem Bekanntwerden der Berufung aufgegriffen worden ist. Besonders aus-
sagekräftig ist dabei ein Beitrag in Der Humorist60 über die Frage der jüdi-
schen Emanzipation, in der Phillips als Sinnbild für die Judenfeindlichkeit
Tirols herhalten muss. In dem Beitrag reist Ahasver, der ewige Jude, durch
Österreich und Deutschland auf der Suche nach Ländern, wo die jüdische
Emanzipation verwirklicht sei. In Tirol angekommen erfährt er, dass Phil-
lips die Emanzipation in Innsbruck etablieren soll – aber nicht etwa in der
Stadt, sondern auf der Martinswand (einer steilen Felswand in der Nähe der
Stadt), „als den einzigen Ort, an welchem sich die Juden ansässig machen
dürfen!“61 Daraufhin verlies Ahasver Tirol wieder und sang im Fortgehen:
„Da oben auf der Höh’ / Steht an Philipps[sic!] und an Reh, / Und wann i di
seh’, / Thut mir’s Herzerl so weh!“. Von außen wurde also die Berufung von
Phillips als äußerst passend für Tirol erachtet, weil sich der ultramontane
Phillips und die allgemeine Geisteshaltung in Tirol ideal ergänzten. Dieselbe
58 Vgl. Bothe für Tirol und Vorarlberg, 282 (07.12.1849), S. 1306.
59 Innsbrucker Zeitung, Extra-Beilage zu 282 (07.12.1849), S. 1161.
60 Moritz Gottlieb saPHir, Der Ewige Jude oder „Der emancipirte Ahasver!“, in: Der Humorist
und Wiener Punch, 310 (28.12.1849), S. 1245–1246.
61 saPHir, Der Ewige Jude oder „Der emancipirte Ahasver!“.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen