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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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sprechender Titel verliehen werde. Hinsichtlich der Fächer, die er unterrich-
ten könnte, glaubte er besonders für Kirchenrecht und deutsche Reichs- und
Rechtsgeschichte geeignet zu sein. Staatsrecht hingegen, das er in Bayern
mehr als ein Jahrzehnt vorgetragen hatte, wollte er auf keinen Fall unter-
richten, denn Moy war fest davon überzeugt, dass seine Gegner dann seine
Ernennung noch schärfer kritisieren könnten, als es ohnehin der Fall sein
würde. Seine Gegner würden ihn nämlich für Anhänger des Absolutismus
halten:
Es ist zwar eine arge Verläumdung wenn sie mich als einen Verfechter des
Absolutismus verschreien, aber wenn trotz dem, daß ich bei der Redaction der
Tiroler Zeitung stets bedacht war, jede eigentliche Parteitendenz d. h. jedes
persönliche Interesse fern zu halten und nur die Wahrheit und das Recht zur
Geltung zu bringen, durch die Leidenschaften so gegen mich aufgeregt wur-
den, so kann man denken, wie sie aufbrausen würden, wenn ich eine politische
Lehrkanzel übernähme.122
Als überzeugter Gegner der Naturrechtslehre und Verfechter einer „scholas-
tisch fundierte[n], religiös-restaurative[n] Rechtsphilosophie“123 trat Moy vor
allem für die Etablierung einer staatlichen Ordnung im Einklang mit der Of-
fenbarung ein. Für Thun sollte dies kein Hindernis sein, ganz im Gegenteil
setzte er vielmehr große Hoffnung in die Verpflichtung von Moy (eine „vor-
zügliche Kapazität, von streng katholischer Richtung“124) für die rechtshisto-
rischen Fächer, eine Berufung die helfen sollte, die naturrechtlichen Traditi-
onen in Österreich zu verdrängen. Daher musste Thun erfreut die Nachricht
von Bissingen gelesen haben, dass Moy sich bereit erklärt hätte, die Kan-
zel in Innsbruck zu übernehmen.125 Der interessanteste Teil des genannten
Briefs ist das persönliche Urteil Bissingens, wie eine Ernennung von Moy in
Innsbruck aufgenommen werden würde. Ähnlich wie Moy glaubte auch der
Statthalter, dass vor allem von Seiten der Liberalen – er nennt dezidiert die
Innsbrucker Zeitung – ein „großes Schreien über den Sieg der Reaktionären
und des Ultramontanismus“126 zu erwarten sei. Allerdings fügte er sofort an,
122 Ebenda.
123 goLLer, Naturrecht, Rechtsphilosophie oder Rechtstheorie?, S. 63–64. Goller vergleicht
Moy, wenngleich nicht in seiner Wirkung, so doch in seinen staatsrechtlichen Ansichten,
mit dem Staatsrechtler Friedrich Julius Stahl.
124 Majestätsvortrag, Wien 20.06.1851, MCU Allgemein, Fasz. 590, Sign. 4, Personalakt Phil-
lips, Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
125 Siehe 65/Geh. Präs. Bissingen an Thun (Konzept), Innsbruck 15.03.1851, Gubernium, Ge-
heime Präsidiale, Serie II, Sign. XXVIIID4, Fasz. III. Tiroler Landesarchiv.
126 Ebenda.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen