Seite - 199 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Bild der Seite - 199 -
Text der Seite - 199 -
5.3. DIE BERUFUNG VON KARL ERNST MOY DE SONS 199
neswegs unerklärliche Thatsache. Die Tiroler Zeitung und ihre Grundsätze
erfreuen sich halt durchwegs der Achtung unserer Jugend nicht.141
Moys Tiroler Zeitung beschuldigte daraufhin die Innsbrucker Zeitung einer
perfiden Falschmeldung, zumal das Kollegium von Moy in der folgenden Wo-
che regen Zulauf erfuhr.142 Das musste dann auch die Innsbrucker Zeitung
eingestehen und wünschte Moy „allen Groll beseitigend“143 viel Erfolg bei
seinen Kollegien. Obwohl dieser kleine Streit damit beigelegt war, kam es
in der Folge immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Tiroler
Zeitung und der Innsbrucker Zeitung.144 Die Zeitungsfehde zeigt auch, dass
die Universitätspolitik zu einem Kampffeld für politische Auseinanderset-
zungen zwischen katholischer und liberaler Seite geworden war.145 Universi-
tätspolitik wurde so zu einem Teil des Kulturkampfes.
Von offizieller katholischer Seite, prominent etwa vom Nuntius Michele
Viale-Prelà146 in Wien, wurde die Berufung von Moy und Phillips jedenfalls
mit Freude zur Kenntnis genommen, zumal man darin einen Richtungs-
wechsel in der Unterrichtsverwaltung erkannte. Bis zu deren Ernennung
hegte man nämlich gewisse Bedenken gegenüber Thun, der in Fragen des
Unterrichts – anders als in Fragen des Kultus – wenig katholisch zu agie-
ren schien. In der Nuntiatur führte man das vor allem auf den Einfluss ei-
nes „begabten Individuums, in dessen Händen sich mehr oder weniger die
Unterrichtsangelegenheiten befänden“ („individuo fornito di molti talenti e
nelle cui mani si trovavano in gran parte gli affari della pubblica istruzio-
ne“147). Damit muss wohl Franz Exner oder Hermann Bonitz gemeint sein,
der eine Schüler von Bolzano, der andere Protestant: Beide hatten großen
Einfluss auf die Reform und beide mussten aus der Sicht des Vatikans be-
denklich erscheinen. Die Ernennung von Moy und Phillips ließ nun aber
auf einen Kurswechsel bei Thun hoffen, so der Nuntius Viale Prelà weiter,
denn beide Professoren gehörten zu den „vornehmsten katholischen Profes-
141 Innsbrucker Zeitung, 235 (13.10.1851), S. 966.
142 Vgl. Tiroler Zeitung, 236 (14.10.1851), S. 988.
143 Innsbrucker Zeitung, 237 (15.10.1851), S. 974.
144 Vgl. dazu auch bei HastaBa, „Für Freiheit, Wahrheit und Recht!“.
145 Ähnliches lässt sich beispielsweise auch für dieselben Zeitungen beobachten, als zu Ostern
1851 bei der Dekanswahl an der Universität Wien mit Hermann Bonitz ein Protestant zum
Dekan gewählt wurde.
146 Michele Viale-Prelà (Bastia 1798–1860 Bologna), ab 1838 Nuntius in München, ab 1845
Nuntius in Wien, 1855 Erzbischof von Bologna.
147 Nuntiaturbericht, Wien 10.05.1851, Arch. Nunz. Vienna, Vol. 323 (IV), Nr. 567, Vatikani-
sches Geheimarchiv.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen