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5.5. DIE KANZEL FÜR NATURGESCHICHTE UND LANDWIRTSCHAFTSLEHRE 207
wolle. Allerdings wurden in Wien Eduard Fenzl185 und Franz Unger186 be-
rufen187, sodass Köhler nur für Innsbruck in Frage kam, was offenbar nicht
seine erste Wahl gewesen war.188 In Innsbruck wurde mit der Ernennung
von Köhler lediglich die Landwirtschaftslehre von der Naturgeschichte ge-
löst, Erstere wurde dann allerdings nicht mehr gelehrt.189 Thun rechtfertigte
dies damit, dass das Ministerium plane, in Innsbruck eine technische Lehr-
anstalt oder eine Realschule zu errichten – in einem solchen Fall könne die
Landwirtschaftslehre dort unterrichtet werden.190
Die Wiener Entscheidung traf in Innsbruck allerdings auf Widerspruch.
Einerseits empfand man die oktroyierte Ernennung von Köhler als eine Mis-
sachtung des gesetzlichen Vorschlagsrechts der Fakultät, andererseits sah
man in der Beibehaltung der Lehrkanzel für allgemeine Naturgeschichte
in der überkommenen Form ein Hindernis für den wissenschaftlichen Fort-
schritt.191 Der Protest zeitigte allerdings keine Wirkung. Köhler blieb bis
1859 in Innsbruck, ohne dass an dem Lehrstuhl für Naturgeschichte eine
Veränderung vorgenommen worden ist.
5.5.3. Die Versetzung von Joseph Köhler und dessen Nachfolge
Joseph Köhler wurde 1859 an die Oberrealschule nach Olmütz versetzt. Der
Versetzung war eine langwierige Kriminalposse um den Professor vorausge-
gangen: Köhler war als Professor der Naturgeschichte auch für die Betreu-
ung und Verwaltung des Botanischen Gartens und der jährlichen Dotation
desselben verantwortlich. Bei der Überprüfung der Buchhaltung des Botani-
schen Gartens des Jahres 1854 durch die Statthalterei zeigten sich einige Un-
regelmäßigkeiten, die Köhler sowohl schriftlich als auch in mehreren Einver-
nahmen nur ausweichend erklärte und somit nicht restlos aufklären konnte.
Dabei ging es um zwei Rechnungen für Pflanzen und Bücher, für die Be-
185 Eduard Fenzl (Krummnußbaum 1808–1879 Wien), Mediziner, 1840–1878 Kustos und Lei-
ter des Botanischen Hofkabinetts, 1849–1878 Prof. der Botanik an der Universität Wien.
186 Franz Joseph Unger (Leutschach 1800–1870 Graz), ab 1830 Landesgerichtsarzt in Kitzbü-
hel, 1836–1850 Prof. der Botanik an der Universität Graz, ab 1850 Prof. der Pflanzenphy-
siologie an der Universität Wien.
187 Siehe bei eggLmaier, Naturgeschichte – Wissenschaft und Lehrfach, S. 225–226.
188 Vgl. Haidinger an Köhler, Maidling bei Wien 04.06.1850, 5246, Wienbibliothek, Hand-
schriftenabteilung.
189 Vgl. bei eggLmaier, Naturgeschichte – Wissenschaft und Lehrfach, S. 236.
190 Siehe Majestätsvortrag, Wien 14.06.1850, MCU Allg. Sig. 5, Fasz. 1015 (Ktn. 1073), Öster-
reichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
191 Siehe philosophische Fakultät an MCU (Konzept), Innsbruck 15.07.1850, Akten der Philo-
sophischen Fakultät, 116 ex 1849/50, Universitätsarchiv Innsbruck.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen