Seite - 212 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Bild der Seite - 212 -
Text der Seite - 212 -
5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
212
Diese Vermutung wird durch zahlreiche Briefe im Nachlass von Anton Kerner
gestützt.
Kerner war mit seiner damaligen Stellung in Ungarn sehr unzufrieden,
da er unter den Anfeindungen der Deutschen in Ungarn sehr litt und ihn
die politischen Spannungen dort belasteten.213 Er hatte daher schon 1859
gehofft, von Ofen nach Wien versetzt zu werden, auch damals hatte Heufler
sich für ihn eingesetzt. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht214, weshalb
er sich im Jahr 1860 um die vakante Kanzel in Innsbruck bewarb.215 Die
Briefe seiner Verwandten an ihn in diesem Zeitraum zeigen allerdings sehr
deutlich, dass er dies mit durchaus zwiespältigen Gefühlen tat. Besonders
die Schreiben seines Bruders Joseph (Pepi) Kerner lassen die Gründe hierfür
erahnen. Kurz vor der Bewerbung Antons schrieb er an seinen Bruder:
Soeben habe ich den Brief gelesen, den Mutter dir schrieb und ich kann nichts
Besonderes dazu fügen. Auch ich wäre für Innsbruck und eine Universitäts-
professur – nur kommt zu erwägen: 1. hast du denselben Rang und Gehalt? 2.
was vertrieb Köhler dort, daß er von einer Universitätsprofessur mag an eine
Realschule gehn? Dann kennen wir den Charakter der Tiroler, finstere Gesel-
len, die nur ihr Land lieben, und wo es vielleicht lange dauert, bis ein Fremder
sich heimisch macht? endlich das clerikale Wesen und das Treiben der Jesui-
ten Parthey. Doch das alles glaube ich ist nichts gegen das Magyarenthum.216
Der Wunsch aus Ofen wegzukommen, war aber offensichtlich stärker als die
Bedenken seines Bruders, was auch erklären mag, warum er zu einer Ge-
haltseinbuße von 200 fl. bei einer Versetzung nach Innsbruck bereit war.
Anton Kerners Mutter versuchte nun, nachdem ihr Sohn den Antrag in
Innsbruck und beim Ministerium deponiert hatte, die Sache positiv in sei-
213 Vgl. etwa Kerner (Elisabeth) an Kerner (Anton), Wien 18.06.1860, Nachlass Anton Kerner,
131.33, Schachtel 283, Archiv der Universität Wien; Wastler an Kerner, Graz 25.03.1861,
Nachlass Anton Kerner, 131.33, Schachtel 281, Archiv der Universität Wien. Vgl. auch
oBerkofLer et al., Materialien zur Geschichte der naturhistorischen Disziplinen in Öster-
reich, S. 13. Siehe auch das Gesuch Carl Peters vom November 1860 um Versetzung aus
Pest, das ähnliche Klagen enthält, zit. bei Elmar scHüBL, Mineralogie, Petrographie, Geolo-
gie und Paläontologie. Zur Institutionalisierung der Erdwissenschaften an österreichischen
Universitäten, vornehmlich an jener in Wien, 1848–1938 (= Scripta Geo-Historica. Grazer
Schriften zur Geschichte der Erdwissenschaften 3), Graz 2010, S. 8.
214 Vgl. Unbekannt an Kerner, Wien 03.03.1860, Nachlass Anton Kerner, 131.33, Schachtel
282, Archiv der Universität Wien.
215 Kerner an MCU, Ofen 20.06.1860, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 1015 (Ktn. 1073), Österreichi-
sches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
216 Kerner (Joseph) an Kerner (Anton), Wien 18.06.1860, Nachlass Anton Kerner, 131.33,
Schachtel 283, 5, Archiv der Universität Wien.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen