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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Forschung im ganzen Reich.“227 Redtenbacher selbst hatte während des Vor-
märzes in Gießen in den Laboratorien von Justus Liebig gearbeitet und die
dort gemachten Erfahrungen und das dort erworbene Wissen aus dem Be-
reich der organischen Chemie konnten sich nach 1848 über seine Schüler
an den Universitäten der Habsburgermonarchie verbreiten.228 Denn neben
Hlasiwetz erhielten auch andere seiner Schüler in diesen Jahren einen Ruf
an eine österreichische Universität.229
Bereits im August 1851 hatte Thun dem Kaiser vorgeschlagen, in Inns-
bruck einen Lehrstuhl für Chemie zu errichten und Hlasiwetz auf denselben
zu berufen. Thun betonte in seinem Vortrag an den Kaiser, wie wichtig die
Schaffung einer solchen Kanzel sowohl für die Wissenschaft als auch für die
praktischen Zwecke der Industrie sei.230 Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in
Innsbruck nämlich keinen eigenen Lehrstuhl für Chemie. Das Fach hatte
zwar eine lange Tradition an der Innsbrucker Universität, allerdings fand
der Unterricht darin lediglich als Teil des medizinischen Studiums statt. Mit
dem neuen medizinischen Studienplan von 1816 wurde das Fach innerhalb
der Kanzel für theoretische Medizin gelehrt.231 Seither hatte es sich jedoch
– besonders durch die Forschungen von Justus Liebig in Deutschland – zu
einer aufstrebenden Disziplin entwickelt, die durch intensive Forschungen
und die Verbindung zu praktischen Anwendungen und den damit verbun-
denen Innovationen enorm an Attraktivität gewonnen hatte. Beispielhaft
kann man etwa auf den Einfluss Liebigs und seiner Schüler auf die Land-
wirtschaft verweisen.232 Neben der Ausbildung von Wissenschaftlern und
Praktikern sollte das Fach auch gut geschulte Lehrer heranbilden. Denn
auch an den neu gegründeten Realschulen besaß die Chemie einen zentralen
Stellenwert.233
227 rosner, Chemie in Österreich 1740–1914, S. 143.
228 Thun selbst hatte in der Ministerkonferenz vom 18. Juli 1851 vorgeschlagen, Liebig für
die Verdienste, welche er sich „um die Ausbildung österreichischer Untertanen in seinem
Fache erworben hat, sodaß die ausgezeichnetsten Professoren der Chemie an unseren
Lehranstalten aus seiner Schule hervorgegangen sind“, das Komturkreuz des Franz-Jo-
seph-Ordens zu verleihen. Die Protokolle des österreichischen Ministerrates (1848–1867).
II. Abteilung (Das Ministerium Schwarzenberg), Bd. 5, S. 112.
229 Vgl. rosner, Chemie in Österreich 1740–1914. S. 143 und 162.
230 Majestätsvortrag, Wien 28.08.1851, MCU Präs. 12087 ex 1851, Österreichisches Staatsar-
chiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
231 Franz Huter (Hg.), Die Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der Philosophischen
Fakultät zu Innsbruck bis 1945 (= Veröffentlichungen der Universität Innsbruck 66), Inns-
bruck 1971, S. 16–18.
232 rosner, Chemie in Österreich 1740–1914, S. 143.
233 Ebenda.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen