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5.10. VERBANNT NACH TIROL? ANTON MAłECKI UND JOSAPHAT ZIELONACKI 245
Małecki, geboren 1821, stammte nämlich aus dem Großherzogtum Posen
und hatte in Berlin studiert. Von 1845 bis 1850 war er Gymnasiallehrer am
renommierten Maria-Magdalena-Gymnasium von Posen. 1850 berief ihn Leo
Thun als Professor für Philologie an die Universität von Krakau, nachdem
Fürst Radziwill ihn als „guten Lehrer und Katholik“385 an Thun empfohlen
hatte. Der Minister betraute Małecki in Krakau mit dem Aufbau eines phi-
lologischen Seminars und zugleich mit der Neuordnung des Gymnasiums,
und setzte dabei große Hoffnungen in ihn.386 Die befohlene Entlassung
von Małecki bedeutete daher auch einen herben Rückschlag für die Pläne
Thuns.387
Josaphat Zielonacki war ebenfalls von Thun nach Krakau berufen wor-
den, dieser für Römisches Recht. Auch er stammte aus dem Großherzogtum
Posen und wurde 1818 in Goniczki geboren. Ebenso wie Małecki hatte er seit
1838 in Berlin studiert und habilitierte sich 1848 (oder 1849)388 in Breslau,
wo er auch das Revolutionsjahr erlebt hatte. Von einer Beteiligung an der
Revolution ist nichts bekannt. Thun schlug ihn deshalb 1850 als Professor
für Römisches Recht vor und bezeichnete ihn bei dieser Gelegenheit als ein
großes Talent und „seine Führung sowie politische Haltung bislang makel-
los“389.
Thun schien auch noch 1852 von der Unbedenklichkeit der beiden über-
zeugt zu sein, sonst hätte er den Kaiser nicht um die Wiederanstellung der
beiden gebeten, zumal andere Fälle zeigen, dass er sonst nicht zimperlich
bei der Entlassung von politisch bedenklichen Personen war. Zudem musste
er den Kaiser überzeugen, dessen eigene Entscheidung rückgängig zu ma-
chen – und appellierte deshalb mehrfach an die kaiserliche Gnade. Thun
glaubte den Kaiser wohl auch damit überzeugen zu können, dass die (po-
385 Radziwill an Thun, Torgau 24.11.1850, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D17,
Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
386 Małecki an Thun, Krakau 23.11.1850, MCU Präs. 565 ex 1850, Österreichisches Staatsar-
chiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
387 Vgl. zu Thuns Absichten für Krakau HeindL, Universitätsreform und politisches Pro-
gramm, S. 82.
388 Vgl. Zięba, Professor Józefat Zielonacki – Ein polnischer Gelehrter des 19. Jahrhunderts
und sein Rang in der romanistischen Rechtslehre, S. 393.
389 Zit. bei Zięba, Professor Józefat Zielonacki – Ein polnischer Gelehrter des 19. Jahrhun-
derts und sein Rang in der romanistischen Rechtslehre, S. 393. Zielonacki wurde offenbar
vom damaligen Rektor der Universität Anton Majer empfohlen. Vgl. Majer an Thun, Kra-
kau 12.08.1850, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D67, Staatliches Gebietsarchiv
Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach. Insgesamt zur Biografie von Zielonacki bei
Zięba, Professor Józefat Zielonacki – Ein polnischer Gelehrter des 19. Jahrhunderts und
sein Rang in der romanistischen Rechtslehre, S. 393–394; auch kurz bei oBerkofLer, Inns-
brucker Romanisten im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, S. 131–132.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen