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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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seinem Werk über österreichische Kirchenrechtler, dass dieses Buch sowie
die Empfehlung von George Phillips Thun veranlasst hätten, Maassen eine
Stelle in Österreich zu verschaffen, wofür Grass allerdings keinen Beleg lie-
fert.414 Maassen war schon 1851 mit Phillips in Wien zusammengetroffen415
und dieser hatte im Spätsommer 1854 tatsächlich an Thun in der Angele-
genheit von der Berufung von Maassen an Thun geschrieben.416 Dieser Brief
ist allerdings nicht erhalten, Grass hatte somit zwar eine richtige Vermu-
tung. Indes zeigt die Korrespondenz von Friedrich Maassen mit dem Staats-
rat Justin Linde417 in Frankfurt, dass nicht Phillips, sondern vielmehr der
genannte Staatsrat wohl die wesentliche Figur bei der Berufung Maassens
nach Österreich gewesen war.
Maassen schrieb nämlich im Sommer 1854 an Linde, dass er nach seiner
Ankunft in Wien auf „confidentiellem“ Weg in Erfahrung bringen konnte,
dass das Unterrichtsministerium gedenke, an mehreren österreichischen
Hochschulen neue Lehrstühle für Römisches Recht zu errichten, und dass
das Ministerium sich aus diesem Grund bereits in Deutschland nach ge-
eigneten Kandidaten umgesehen habe. Maassen berichtete weiter, dass er
sich daraufhin an einen ihm bekannten Sektionsrat im Unterrichtsministe-
rium gewandt hatte, der ihm dazu riet, ein persönliches Gesuch an Thun zu
richten; hilfreich, so der nicht namentlich genannte Sektionsrat gegenüber
Maassen, sei eine aktuelle wissenschaftliche Leistung; am wichtigsten sei
allerdings die „Fürsprache einflußreicher Männer“418. Der unbekannte Sek-
tionsrat419 hatte Maassen gegenüber sogar erwähnt, dass eine Empfehlung
des Staatsrates Linde die Chancen bedeutend erhöhen würden. Daher bat
414 Vgl. Grass, Maassen, Friedrich Bernhard. 1955 hatte er die Aussage noch mit einem ‚viel-
leicht‘ verbunden. Vgl. Nikolaus grass, Österreichische Kanonistenschulen, in: Zeitschrift
der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Reihe (1955), S. 290–410, hier S.
303.
415 Das ergibt sich aus der Korrespondenz von Maassen mit Justin Linde.
416 Vgl. dazu Phillips an Thun, Wien 08.09.1854, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI
D280, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach. Phillips er-
wähnt in dem Brief, dass er kurz zuvor an Thun in dieser Angelegenheit geschrieben hatte.
417 Justin Timotheus Balthasar Linde (Brilon 1797–1870 Bonn), 1824–1829 Prof. des deut-
schen Privatrechts und der röm. Rechtsgeschichte an der Universität Gießen, ab 1829 Geh.
Regierungsrat im Ministerium des Innern und der Justiz in Darmstadt, ab 1832 Direktor
des Oberstudienrats, 1836–1847 Geh. Staatsrat im Ministerium des Innern und der Jus-
tiz, 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, 1850–1866 österr. Gesandter
beim deutschen Bundestag.
418 Maassen an Linde, Wien 18.08.1854, N 1759, 33, Bundesarchiv Koblenz.
419 Als Sektionsräte im MCU dienten zu diesem Zeitpunkt Josef Mozart, Johann Fontana,
Anton Krombholz, Johann Simor, Johann Kleemann, Ludwig Heufler. Da wir sonst keine
Hinweise haben, muss die Frage, welcher dieser Räte der von Maassen konsultierte war,
offenbleiben.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen