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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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5.11.4. „Was aber vor allen Dingen nothwendig, sei die Fürsprache
einflußreicher Männer“461
Die Ernennung von Maassen und später jene von Tewes verdeutlichen die
zentrale Rolle, die Thun der Lehre des Römischen Rechts zuerkannt hatte,
wenn er danach strebte, an allen Universitäten eine doppelte Besetzung des
Faches zu gewährleisten.
Wie in anderen Fällen zeigt sich dabei auch, dass die doppelte Besetzung
auch dem Zweck diente, älteren Professoren einen jüngeren Kollegen zur
Seite zu stellen, um die bestmögliche wissenschaftliche Vertretung des Fa-
ches zu sicherzustellen. Damit wird auch in diesem Fall die angestrebte Ver-
jüngung des Lehrkörpers offensichtlich.
Der bedeutendste Aspekt bei der Berufung Maassens dürfte indes sein,
dass die Mechanismen der Thun’schen Berufungspolitik offen dargelegt wer-
den. Unmissverständlich erklärt der nicht namentlich genannte Sektionsrat,
dass es besonders die Empfehlung einflussreicher Persönlichkeiten sei, die
für eine Berufung den Ausschlag geben würden. In diesem Zusammenhang
muss auch die besondere Rolle von Staatsrat Linde hervorgehoben werden.
Die Ernennung von Maassen zeigt beispielhaft die Stellung Lindes als wich-
tiger Berater von Thun. Kurz vorher hatte Linde seinen Neffen Friedrich
Schulte nach Österreich empfohlen, der in der Folge selbst ein einflussrei-
cher Berater von Thun werden sollte. Auch andere Fälle offenbaren den
Einfluss des Staatsrates auf die Personalentscheidungen von Thun. Wäh-
rend Thun Julius Ficker besonders für den Raum Westfalen befragte, kon-
taktierte er meist Linde, wenn er Auskunft über Personen aus dem hessi-
schen Raum benötigte.462 Linde besaß seinerseits ein großes Netzwerk von
Bekanntschaften, auf die er zurückgreifen und Thun damit mit umfassen-
den Informationen versorgen konnte.463 Vermittelnd agierte dabei auch teil-
weise Leo Thuns Bruder Friedrich, der zeitweise als Gesandter in Frankfurt
weilte. Linde hatte zudem selbst als Kanzler der Universität Gießen wäh-
rend des Vormärzes Erfahrung in der Rekrutierung von Professoren gesam-
461 Maassen an Linde, Wien 18.08.1854, N 1759, 33, Bundesarchiv Koblenz.
462 Vgl. dazu die Briefe Thun an Linde, Wien 26.12.1855, N 1759, 51, Bundesarchiv Koblenz;
Thun an Linde, Wien 11.09.1855, N 1759, 51, Bundesarchiv Koblenz; Thun an Rechberg,
Wien 26.12.1855, 458/20-3, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung.
463 Im Hinblick auf Thun kann man etwa den Fuldaer Bischof Kött erwähnen, den Linde
mehrfach um Informationen zu Kandidaten gebeten hatte und der seinerseits wieder Per-
sonen an Linde empfohlen hat, die Linde dann weiter an Thun empfahl. Vgl. Kött an Linde,
Fulda 03.06.1854, N 1759, 22, Bundesarchiv Koblenz; Kött an Linde, Fulda 16.06.1856, N
1759, 22, Bundesarchiv Koblenz; Kött an Linde, Fulda 17.12.1858, N 1759, 22, Bundesar-
chiv Koblenz.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen