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5.13. DIE BERUFUNG VON TOBIAS WILDAUER 275
Preußen und dem Protestantismus assoziierten Reform und den Gegnern
der Unterrichtsreform, die eben diese vielfach als einen kulturellen und re-
ligiösen Verrat an österreichischen Traditionen und dem katholischen Glau-
ben ansahen, wird damit in der Auseinandersetzung der beiden Professoren
personifiziert.
Kopetzky selbst war sich dieses Generationenwechsels durchaus bewusst,
wenn er in dem mehrfach zitierten Brief an Rauscher letztlich resigniert
feststellte, er sei ein „Professor aus der alten beschränkten Zeit Öster-
reichs, den man, wie ein leeres Schemen, nur noch aus Staats- und Humani-
täts-Gnade als ens vegetativum toleriert“548.
5.13. Die Berufung von Tobias Wildauer
5.13.1. Ausgangslage
Der Anlass für die Berufung von Tobias Wildauer an die Innsbrucker Uni-
versität wurde bereits im vorigen Kapitel kurz angerissen, nämlich die Ver-
setzung von Georg Schenach an die Universität Wien. Am 28. Dezember
1856 hatte Thun Schenach für den Wiener Lehrstuhl vorgeschlagen und der
Kaiser hatte diese Ernennung bewilligt.549 Schenach war ein Wunschkandi-
dat von Thun gewesen. Mit dessen Berufung nach Wien wollte er an der ers-
ten Universität der Monarchie den Lehrstuhl für das wichtige, aber gleich-
zeitig heikle Fach Philosophie mit einem ihm genehmen Professor besetzen.
Stets wird in der Forschung Thuns problematisches Verhältnis zur Philoso-
phie betont.550 Dabei wird zu Recht hervorgehoben, dass in den Augen Thuns
die Gefahr bestand, dass die Philosophie den Relativismus und die Abkehr
vom christlichen Glauben fördere. Besonders für den Bereich der Rechtsphi-
losophie kann diese Ansicht Thuns verdeutlicht werden.551 Für Thun waren
548 Ebenda.
549 Zu Schenachs Berufung siehe auch bei goLLer, Die Lehrkanzeln für Philosophie an der
Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, S. 31–32. Vgl. auch die Beratung im
Ministerrat: Die Protokolle des österreichischen Ministerrates (1848–1867). III. Abteilung
(Das Ministerium Buol-Schauenstein), Bd. 5, Wien 1993.
550 Vgl. dazu zuletzt feicHtinger, Wissenschaft als reflexives Projekt, S. 139–151. Ansonsten
bei goLLer, Die Lehrkanzeln für Philosophie an der Philosophischen Fakultät der Univer-
sität Innsbruck, S. 9–15.
551 Siehe bei goLLer, Naturrecht, Rechtsphilosophie oder Rechtstheorie?, S. 39–79. Vgl. dazu
auch Thuns bekannte Rede von 1852, in der er dem Naturrecht als einer spekulativen
Rechtslehre eine Abfuhr erteilte, abgedruckt bei Lentze, Die Universitätsreform des Minis-
ters Graf Leo Thun-Hohenstein, S. 304–306.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen