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5.14. DIE SCHAFFUNG DES LEHRSTUHLS FÜR DEUTSCHE PHILOLOGIE 293
Alois Flir eingesetzt, dessen Rolle als Ratgeber Thuns bereits durch seine
Mitarbeit an der Schrift Die Neugestaltung der österreichischen Universitä-
ten erwähnt wurde.638 Es zeigt sich damit einmal mehr, dass sich zwar et-
liche Personen für die Anstellung von Wildauer ausgesprochen hatten, die
Universität selbst, abgesehen von dem zurückgewiesenen Vorschlag und den
beiden Gesuchen um Anstellung von Wildauer, aber neuerlich ziemlich pas-
siv agierte. Gefördert wurde dies freilich dadurch, dass das Ministerium die
ganze Sache an sich gezogen hatte.
Der Minister bzw. dessen Vorgehen bei der Wahl von Wildauer bestäti-
gen die Ansicht, dass Thun das Fach der Philosophie wenig geschätzt hat.
Dafür spricht einerseits, dass er die definitive Besetzung der Lehrkanzel
derart lange hinausgeschoben hat, andererseits hat er mit Wildauer einen
Kandidaten gewählt, bei dem vor allem dessen moralische Integrität im Vor-
dergrund stand und weniger die wissenschaftliche Eignung. Wildauer besaß
nicht einmal die eigentlich notwendige Habilitation und wurde dennoch auf
den Lehrstuhl gehievt. Gerade das Fehlen von einwandfreien katholischen
Philosophen, wie es beispielsweise Schenach war, machte in den Augen
Thuns diese Notlösung notwendig. Dass sich allerdings gerade Wildauer nur
bald nach seiner Ernennung zum Professor auf die liberale Seite geschla-
gen hat, obwohl dessen Integrität zuvor stets hervorgehoben worden war, ist
freilich eine Ironie der Geschichte.
5.14. Die Schaffung des Lehrstuhls für deutsche Philologie und die
Berufung von Ignaz Zingerle
5.14.1. Einleitung
Anlässlich des Hundertsten Todestages von Ignaz Zingerle erschien 1992 in
der Reihe der Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv ein Heft, das Zingerle
gewidmet ist und in dem auch ausführlich Zingerles Berufung auf den Lehr-
stuhl für deutsche Philologie behandelt worden ist.639 In seinem Beitrag sieht
Michael Gebhardt die Ernennung von Zingerle auf den Lehrstuhl insbeson-
dere vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen Adolf Pichler und Ignaz
638 Vgl. etwa Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, S.
198–202. Lentze geht allerdings davon aus, dass Flir nur wenig Inhaltliches zur Denk-
schrift beigetragen hat.
639 Michael geBHardt, Ignaz Vinzenz Zingerle, Adolf Pichler und der Germanistische Lehr-
stuhl an der Universität Innsbruck, in: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv (1992), S.
28–38.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen