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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Zingerle.640 Adolf Pichler, studierter Mediziner, war nämlich schon 1851 von
der Fakultät als Kandidat für eine zu errichtende Lehrkanzel für deutsche
Philologie vorgeschlagen, aber nicht berufen worden. Im Jahr 1859 wurde
indes Ignaz Zingerle als Professor dieser Kanzel berufen. Die Errichtung der
Lehrkanzel war seit der nicht erfolgten Berufung von Pichler 1851 auf Eis
gelegt und nur gelegentlich wieder angestoßen worden. Gebhardt fragt in
seinem Beitrag daher zu Recht, warum Pichler nicht, Zingerle aber schon
berufen worden war. Ohne sich eine eindeutige Antwort zu erlauben, lässt
Gebhardt erkennen, dass Pichler wegen seiner liberalen politischen und reli-
giösen Einstellung nicht gewählt worden war und umgekehrt, Zingerle eben
wegen seiner einwandfreien religiösen Haltung und seines wissenschaftli-
chen Ansehens die Kanzel verliehen wurde. Allerdings muss hinzugefügt
werden, dass beide nicht direkte Konkurrenten um den Posten gewesen wa-
ren, denn 1851 war nur Pichler im Gespräch und 1858/59 nur Zingerle.641
Die Perspektive von Gebhardt deckt sich somit zu einem Großteil mit der
Frage nach den Kriterien der Personalpolitik Thuns und seine Ergebnisse
sollen daher im Auge behalten und als vorläufige Bilanz festgehalten wer-
den. Im Folgenden wird die Berufung Zingerles jedoch anhand bisher nicht
beachteter Quellen neu aufgeworfen und akzentuiert.
5.14.2. Vorgeschichte – der gescheiterte Versuch 1851
Im Frühjahr 1851 wurde die philosophische Fakultät aufgefordert ein „Indi-
viduum“ zu benennen, das auf die neu zu errichtende Lehrkanzel für deut-
sche Sprache und Literatur berufen werden könnte.642
Schon kurz vor Weihnachten 1850 hatte sich Staatssekretär Helfert an
die Universität gewandt und angedeutet, dass man im Ministerium gedenke,
in Innsbruck eine Lehrkanzel für deutsche Sprache und Literatur einzurich-
ten. Helfert betonte dabei, dass dies auch als Zeichen der Förderung der
Innsbrucker Universität anzusehen sei:
Es ist mein lebhaftester Wunsch, die philosophische Fakultät zu Innsbruck
mit Lehrkräften genügend auszustatten, um sie in den Stand zu setzen ihre
640 Ähnlich im Übrigen 2009 beim 150-jährigen Jubiläum der Gründung des Instituts für Ger-
manistik. Siehe scHeicHL, 150 Jahre Germanistik in Innsbruck.
641 Der Beitrag von Gebhardt erweckt diesen Eindruck nicht, wenngleich er – was mir legitim
erscheint – Pichler und Zingerle einander gegenüberstellt.
642 Böhm an das MCU, Innsbruck 08.06.1851, Statthalterei Studien 5303 ad 198/1851, Tiroler
Landesarchiv.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen