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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Ob es tatsächlich der Einfluss von Moy oder die Fürsprache von Fessler
waren, lässt sich nicht eruieren, jedenfalls kam die Angelegenheit kurz nach
der Intervention ins Rollen. Noch im Februar 1858 holte das Unterrichts-
ministerium die Zustimmung des Finanzministers zur Schaffung eines Ext-
raordinariates für Oberweis ein und bereits am 28. März unterbreitete Thun
dem Kaiser den Vorschlag zu dessen Ernennung. Thun argumentiert darin
– neben der üblichen Versicherung der wissenschaftlichen und moralischen
Eignung des Kandidaten – in erster Linie damit, dass man durch die Auf-
nahme des deutschen Privatrechtes in den juridischen Studienplan die Not-
wendigkeit geschaffen hatte, das Fach auch an jeder Universität durch einen
eigenen Lehrstuhl vertreten zu wissen.754
Am 11. April 1858 bewilligte der Kaiser den Vorschlag seines Ministers.
Erst mehr als zehn Jahre später erhielt Oberweis allerdings eine ordentli-
che Professur für deutsches Privatrecht und deutsche Reichs- und Rechts-
geschichte. Verbunden war damit der Unterricht in deutscher Reichs- und
Rechtsgeschichte für italienische Hörer. Oberweis starb überraschend
1870.755 Pfaundler indes wurde bereits 1860 von seinem Amt beurlaubt und
starb schon im folgenden Jahr. Für die Nachfolge von Pfaundler bewarb sich
auch Oberweis, die Fakultät bevorzugte jedoch Peter Harum.756
5.15.4. Fazit
Die Quellenlage zu den Berufungen auf die Lehrstühle für Privatrecht in
Innsbruck ist weniger gut als für andere Lehrstühle. Geht man allerdings
mit Hans Lentze davon aus, dass weltanschaulich wichtige Lehrstühle wie
beispielsweise jene für Geschichte und Philosophie besonders im Fokus von
Thun standen, dann würde das Fehlen einer umfangreichen Korrespondenz
im Vorfeld der zuletzt behandelten Berufungen dafür sprechen, dass Thun
diese als weltanschaulich weniger problematisch angesehen hat. Diese Sicht-
weise kann auch damit untermauert werden, dass sowohl Michel als auch
Pfaundler – letzterer insbesondere – als Notlösungen angesehen wurden, weil
jüngere Kandidaten noch fehlten. Besonders Pfaundler war noch in der exe-
getischen Methode der vormärzlichen Juristenausbildung beheimatet. Ger-
754 Majestätsvortrag, Wien 27.03.1858, MCU Allg. Sign. 5., Fasz. 995, Österreichisches Staats-
archiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
755 Siehe dazu bei oBerkofLer, Josef Oberweis, Inhaber der Lehrkanzel für Deutsches Privat-
recht und Deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte mit italienischem Vortrag, S. 209–210.
756 Peter Harum (Graz 1824–1875 Wien), ab 1850 Prof. an der Rechtsakademie in Hermann-
stadt, ab 1852 Prof. des österreichischen Zivilrechts in Pest. Siehe oBerkofLer, Die Vertre-
tung des österreichischen Zivilrechts an der Innsbrucker Universität, S. 119–120.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen