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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Rechtsphilosophie, wie sie etwa Thuns Berater Jarcke entworfen hatte und
wie sie auch Moy vorschwebte, eine Absage.789
Geyer wurde 1872 an die Universität München berufen, wo er bis zu sei-
nem Tod 1885 lehrte.790
5.16.3. Fazit
Die Berufung von Geyer war die letzte, die während Thuns Amtszeit in Inns-
bruck vollzogen wurde. Die Vorgehensweise im Falle von Geyer unterschei-
det sich von den bisher betrachteten Fällen dadurch, dass die Fakultät tat-
sächlich ihr verbrieftes Recht, einen Dreiervorschlag einreichen zu dürfen,
wahrgenommen hat. Thun setzte sich dann allerdings über diesen hinweg.
Damit wahrte er nicht nur in dieser Hinsicht Kontinuität, auch die Wahl von
Geyer ist durchaus symptomatisch, war Geyer doch derjenige, den Thun in
wissenschaftlicher Hinsicht für am besten geeignet ansah und der gleichzei-
tig auch weltanschaulich die Ansprüche von Thun befriedigen konnte.
Beinahe eine Konstante bildet auch die versuchte Einflussnahme von
Karl Ernst Moy de Sons, der in diesem Fall allerdings mit seinen Argumen-
ten nicht bis zu Thun vordringen konnte. Dabei ist interessant, dass Moy
sowohl den direkten Weg zu Thun, als auch den indirekten Weg über Josef
Fessler wählte, um sich bei Thun Gehör zu verschaffen. Diesen indirekten
Weg über Fessler wählte auch Wildauer bei seiner Bewerbung um den Auf-
trag, die Lehre der Rechtsphilosophie übernehmen zu können. Neuerlich
weist dies darauf hin, dass Fessler in Innsbruck großer Einfluss auf Thun
zugeschrieben wurde.
Moys Initiative – im Hinblick auf die Abtrennung der Rechtsphilosophie
von der Kanzel des Strafrechts – wurde wohl insbesondere dadurch motiviert,
dass er die Rechtsphilosophie einem vertrauenswürdigen Professor anver-
trauen wollte. Wohl schon bei Schuler, der als vergleichsweise liberal galt,
musste ihm die Verbindung des naturrechtlich inspirierten österreichischen
Strafrechts und der Rechtsphilosophie ein Dorn im Auge gewesen sein. Er
selbst hatte sich daher auch angeboten, die Kanzel nach dem Tod Schulers
zu übernehmen, ausgestattet mit dem Wunsch, der naturrechtlich inspirier-
ten Rechtsphilosophie endgültig den Garaus zu machen und sie stattdessen
in seinem Sinn, ausgehend von der göttlichen Offenbarung zu lehren. Thun,
789 Vgl. insgesamt dazu ebenda, S. 81–86. Zu Geyer als Strafrechtler kurz bei oBerkofLer,
August Geyers Berufung nach Innsbruck (1860), S. 131–132.
790 Siehe dazu auch bei Albert teicHmann, Geyer, August, in: Allgemeine Deutsche Biographie,
Bd. 49, Leipzig 1904, S. 339–340.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen