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6.2. DIE DEBATTE UM DIE GRÜNDUNG EINER KATHOLISCHEN UNIVERSITÄT 341
Buß fanden sie ein Lob auf die österreichischen Universitäten, die ihren ka-
tholischen Charakter, der ihnen kraft ihrer Stiftungen von jeher inne war,
weitestgehend bewahrt hatten.26 In der Folge diente die Argumentation Buß’
und dessen Betonung des mittelalterlichen Ideals der korporativen univer-
sitären Gemeinschaft auf der Basis von vielfach kirchlichen Stiftungen den
Gegnern der Reform zur Kritik an den neuen Universitätsgesetzen im Kai-
serstaat. Besonders instrumentalisierte man die Argumente des Freiburger
Professors daher auch im Kampf um den Erhalt der Doktorenkollegien in
Wien und Prag.27 Der Verweis auf die korporativen Rechte und den katholi-
schen Ursprung der Universitäten diente dabei aber weniger der wirklichen
Re-Katholisierung der Universitäten im Sinne von Buß als der Verteidigung
der Doktorenkollegien und der Abwehr des mit der Revolution assoziierten
preußischen Modells.
Sinnbildlich wurde dies auch anlässlich der massiven Proteste gegen die
Wahl des Protestanten Hermann Bonitz zum Dekan der philosophischen
Fakultät der Wiener Universität. Auch hier war das wesentliche Argument
nämlich der katholische Charakter der Universität.28 Der Sturm des Pro-
tests ließ Thun in diesem Fall einlenken und er verweigerte der Wahl die Be-
stätigung.29 Thun selbst betonte bei diesem Anlass den katholischen Cha-
rakter der Universität, da es ihm – trotz der Anlehnung an das preußische
System – grundsätzlich daran gelegen war, den österreichischen Universitä-
ten eine „katholische Richtung zu geben“.30
Die Frage des allgemeinen katholischen Charakters der Universität wird
weiter unten noch einmal aufgegriffen. Zunächst aber noch einmal zurück
zu den Katholikentagen, denn dort blieb das Thema, wie erwähnt, während
der gesamten 1850er-Jahre mit wechselnder Intensität auf der Tagesord-
nung.31 Der vierte Katholikentag fand 1850 in Linz und damit erstmals in
Österreich statt. Es folgten noch drei weitere Katholikentage in Österreich
während der 1850er-Jahre: 1853 in Wien, 1856 erneut in Linz und 1857 in
Salzburg. Ohne näher auf das komplexe Verhältnis und die damit verbun-
26 Franz-Joseph Buss, Die Reform der katholischen Gelehrtenbildung in Teutschland an
Gymnasien und Universitäten, Schaffhausen 1852, S. 185–186.
27 Zu dieser Auseinandersetzung besonders auch HeindL, Universitätsreform – Gesellschafts-
reform.
28 Vgl. etwa frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz, S.
127–128; Die Dekanatswahl der philosophischen Fakultät an der Universität Wien.
29 Vgl. dazu bei frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz,
S. 127–128.
30 Vgl. dazu eine Aussage Thuns in Thun an Ficker, Wien 22.09.1856, Nachlass Ficker, Insti-
tut für Österreichische Geschichtsforschung.
31 Vgl. dazu Brandt, Eine katholische Universität in Deutschland?, S. 150–166.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen