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6.6. SORGEN IN TIROL 367
Buol-Schauenstein149, dass die Fakultät der Oberaufsicht des Staates un-
terstellt bleiben sollte, dem Thun zustimmte, aber auf die noch nicht abge-
schlossenen Verhandlungen mit dem Provinzial verwies. Die bisherige Ver-
einbarung zwischen dem Orden und Thun bestand zunächst darin, dass sich
die Gesellschaft Jesu bereit erklärte, die theologische Fakultät in Innsbruck
für einen jährlichen Betrag von 8.000 fl. vollständig zu übernehmen und mit
acht Professoren aus dem Orden auszustatten. Nun ging es im Grunde nur
noch darum, die Zustimmung der Bischöfe zu erlangen und die genauen Be-
dingungen der Übernahme mit den Jesuiten zu erörtern. Diese Verhandlun-
gen sollte Karl Ludwig vor Ort führen.150
Dem Projekt selbst sehr zugetan, brachte der Erzherzog diese alsbald zum
Abschluss, sodass er bereits einen Monat später an Thun schreiben konnte,
die Bischöfe hätten nichts gegen die Errichtung einer theologischen Fakul-
tät und die Übergabe dieser an die Jesuiten einzuwenden. Nur der Bischof
von Salzburg, Maximilian Tarnóczy151, hatte leichte Bedenken anklingen
lassen. Er befürchtete, die zu gründende Fakultät würde nur wenige Stu-
denten anziehen können, da es an allen drei Bischofssitzen ein Priesterse-
minar gab. Außerdem gab er zu bedenken, dass die Jesuiten womöglich die
besten Priesterkandidaten aus den Diözesen abziehen würden. Der Brixner
Bischof – anerkanntermaßen ein Freund des Ordens152 – versuchte, diese
Bedenken zu zerstreuen. Er wies nämlich darauf hin, dass der Orden auf
Grund seiner Prominenz besonders Studenten aus dem benachbarten Süd-
deutschland und der Schweiz anziehen werde, sodass die Universität den
Seminaren keine Studenten und Priesteramtskandidaten wegnehmen wür-
de.153 Die Forderungen des Ordens waren indes ziemlich weitreichend: Der
Pater Provinzial Anton Schwitzer154 machte es zur Bedingung, dass die
päpstlichen Privilegien des Ordens zur Gänze anerkannt würden, beispiels-
weise das Promotionsrecht des Ordens. Außerdem verlangte der Provinzial,
dass ihm das alleinige Recht zustehen solle, Professoren und den Dekan der
Fakultät zu ernennen. Dem Bischof von Brixen, als dem für Innsbruck zu-
149 Karl Ferdinand Buol-Schauenstein (Wien 1797–1865 Wien), Politiker, 1852–1859 österr.
Außenminister.
150 1655/Pr. Karl Ludwig an die Fürstbischöfe von Brixen, Trient, Salzburg, Innsbruck
18.06.1857, Statthalterei, Präsidialakten, 1655 ad 886/1857, Tiroler Landesarchiv.
151 Maximilian Tarnóczy (Schwaz 1806–1876 Salzburg), 1850–1876 Erzbischof von Salzburg.
152 Vgl. auch Gasser an Fessler, Brixen 24.09.1854, Nachlass Fessler 3, Diözesanarchiv St.
Pölten. Gasser verrät Fessler in dem Brief, selbst mit dem Gedanken gespielt zu haben, in
die Gesellschaft Jesu einzutreten.
153 1908/Pr. Karl Ludwig an Thun (Konzept), Innsbruck 13.07.1857, Statthalterei, Präsidial-
akten, 1908 ad 886/1857, Tiroler Landesarchiv.
154 Anton Schwitzer (1811–1898), 1856–1860 Provinzial der österreichischen Jesuitenprovinz.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen