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6.6. SORGEN IN TIROL 369
Zustimmung.160 Die Frage des Promotionsrechts der Fakultät, das sich der
Provinzial ausbedungen hatte, wurde allerdings offengelassen, und die Ent-
scheidung darüber dem akademischen Senat in Innsbruck überantwortet.161
Dieses Manöver hatte zwar eine zügige Eröffnung der Fakultät ermöglicht,
damit wurde jedoch auch der Keim für künftigen Streit innerhalb der Uni-
versität gelegt. Nach dem Abgang Thuns, in der liberalen Ära bis 1879, war
die Frage des Promotionsrechtes nämlich ein zentrales Streitthema, das ne-
ben der Frage der Rektorswahl die Spannungen innerhalb der Universität
forcierte.162
Am 7. November 1857, vier Tage vor der bevorstehenden feierlichen Er-
öffnung, machte der offiziöse Bothe für Tirol und Vorarlberg die Bewilli-
gung des Kaisers öffentlich.163 Schon einen Monat zuvor – wohl in Vorfreude
auf die erhoffte Bewilligung – hatte das Blatt eine Meldung des Journals
Deutschland veröffentlicht, wonach die Eröffnung der Fakultät und deren
Übertragung an die Jesuiten bereits beschlossene Sache sei. Am besten in-
formiert zeigten sich allerdings die Innsbrucker Nachrichten, die bereits im
Mai, also noch bevor die Verhandlungen zwischen dem Statthalter und dem
Pater Provinzial überhaupt erst begonnen hatten, bereits meldete: „Nun-
mehr ist die theologische Fakultät den PP. Jesuiten übergeben und der
Vertrag ist mit ihnen entgiltig abgeschlossen.“164 Außerdem, so vermeldete
das Blatt, sei auch die Errichtung einer medizinischen Fakultät bereits be-
schlossene Sache. Damit, so das Blatt weiter, werde auch einem beliebten
Ausspruch des Volks die Grundlage entzogen, wonach die Innsbrucker Uni-
versität als die „heil- und gottlose“165 bezeichnet wurde. Die Nachricht war
im Übrigen die Folge eines Protests der Augsburger Postzeitung gewesen, die
sich gegen die Berufung der Jesuiten nach Innsbruck ausgesprochen hatte.
Damit ist die Nachricht im Kontext der vorliegenden Untersuchung in dop-
pelter Hinsicht interessant: Zunächst verdeutlicht sie den Ruf der Jesuiten,
die in liberaleren Kreisen als Inbegriff eines reaktionären und streng ka-
tholischen Bildungswesens galten, andererseits zeigt diese Nachricht auch,
dass eine mögliche Berufung der Jesuiten bereits vor den Verhandlungen
Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
160 Siehe 19265/295. Thun an Karl Ludwig, Wien 06.11.1857, Statthalterei, Präsidialakten,
3028 ad 886/1857, Tiroler Landesarchiv.
161 Präsidial-Erinnerung, Innsbruck 11.11.1857, Statthalterei Studien 20699/1857, Tiroler
Landesarchiv.
162 Siehe dazu auch oBerkofLer, Die Petition der drei weltlichen Fakultäten um Aufhebung
der Jesuitenfakultät von Jahr 1873; raHner, Die Geschichte eines Jahrhunderts, S. 17–25.
163 Bothe für Tirol und Vorarlberg 43 (7.11.1857), S. 1131.
164 Innsbrucker Nachrichten 112 (18.05.1857), S. 873–874.
165 Ebenda, S. 873.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen