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6 DIE EINRICHTUNG DER THEOLOGISCHEN FAKULTÄT IM JAHR
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Ministerium nicht alle mit der Entscheidung zufrieden waren, die Fakul-
tät den Jesuiten zu übertragen, wenn er schreibt, er sei davon überzeugt,
„daß die Jesuiten der Universität Innsbruck kein neues Licht anzünden wer-
de[n]“185. Und fügte noch einen Seitenhieb auf Rektor Moy hinzu: „So etwas
glauben höchstens Herr von Moÿ und ein paar andere verbrannte Gehir-
ne.“186
Neben der wohl kleineren Gruppe in Tirol, die die Berufung der Jesuiten
nicht gutgeheißen hatte, und der großen Gruppe, die dies freudig begrüßte,
darf man aber auch noch mit einer dritten Gruppe rechnen, die vor allem die
weitere Vervollständigung der Universität mit Zufriedenheit wahrgenom-
men hatte und damit zumindest die mittelfristige Sicherung der Universität
in Tirol erkannte, der nun bloß noch die medizinische Fakultät zur Vollstän-
digkeit fehlte.
Knapp zwei Jahrzehnte später, als sich die Auseinandersetzungen um
die Rechte und die Existenzberechtigung der theologischen Fakultät mit
der Einbringung einer Petition der übrigen Fakultäten zur Aufhebung der
theologischen Fakultät bzw. dem Entzug der Fakultät von den Jesuiten auf
einen Höhepunkt zustrebte187, bedauerte Armand Dumreicher die damalige
Entscheidung Thuns, die Innsbrucker Universität den Jesuiten zu übertra-
gen und so gewissermaßen „Rosenkränze nach Tirol zu tragen“188, anstatt
die Universität zu einer Stätte der Aufklärung gemacht zu haben:
In einem Lande, welches nur an wenig Punkten sich eines entwickelten Städ-
tewesens erfreut und welches erst seit kurzem vom großen Weltverkehr be-
rührt wird, unter einer Bevölkerung, welcher Gebirge den Horizont verengen
und die Berührung mit der Außenwelt erschweren, hat diese Universität die
stolze aber schwere Mission zu erfüllen, eigensinniger Selbstgenügsamkeit
zum Trotze die allumfassende, freie Wissenschaft einzubürgern, den geistli-
chen geistige Interessen gegenüberzustellen, die Mittelclasse der Gesellschaft
in eine weitere und reichere Ideenwelt einzuführen und durch Herstellung
und Erhaltung des Contactes mit dem gebildeten Deutschland, das von bäu-
erlicher Beschränktheit und clerikaler Unduldsamkeit mundtodt gemachte
und von irregeleiteten Massen majorisierte städtische Bürgerthum allmälig
zu kräftigen, zu ermuthigen und zu vergrößern.189
185 Ehrhart an Pichler, Wien 09.12.1857, GSA 74/I, 7, 1, Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar.
186 Ebenda.
187 Siehe oBerkofLer, Die Petition der drei weltlichen Fakultäten um Aufhebung der Jesuiten-
fakultät von Jahr 1873.
188 dumreicHer, Die Verwaltung der Universitäten seit dem letzten politischen Systemwechsel
in Österreich, S. 41.
189 Ebenda, S. 41.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Titel
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Untertitel
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Autor
- Christof Aichner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 512
- Schlagwörter
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen