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6" Steiermark.
Oetschcr bei Mariazcll, auf die weiße Zackcnkrone des Hochschwab, auf das blaue Täfclchcn des hohen Schöckcl bei
Graz, auf den äthcrigcn Rücken des Wechsclgebirges, in welchem die erhabene Kette der Ccntralalpcn niedersinkt in
das Flachland der Magyaren. — Wir stehen höher, als die glutruthc Scheibe, die hinter dem Türenstein nieder-
taucht. Wir sehen die Sonnenschcibe in der dichten Luftschicht», in welche sie versinkt, wie plattgedrückt. Im Thale
der Mürz liegt schwere Dämmerung. Dort läuten jetzt alle Glocken, daß die Menschen aufs Beten nicht vergessen.
Hier oben bedarfs der Erinnerung nicht. Ueber den Ebenen Ungarns zieht die Nacht herauf, ihr voraus wallt ein
violetter Schein, wie Nordlicht leuchtend. — Endlich sprossen die Sterulein, und Tu, Menschenkind mit Deinem winzigen
Auge, das oft so kurzsichtig ist, daß es den Stein nicht sieht vor den Füßen, überschaust Millionen von Welten in
ungeheuren Fernen! Aber nicht allein das Auge, auch andere Sinne möchten genießen, und fo steigen wir nieder
Mahlzeit auf der AI,».
in die Thalungen zu den Schwaighüttcn (Sennhütten). Es ist Samstagnacht und man sollte meinen, es wären alle
Thüren schon verschlossen vor den Wohnungen der schmucken, sittigcn Schwaigcrinnen. Sie sind aber nie weiter offen,
als in der Samstagnach't. Alle Hütten sind besetzt und belagert. Lauter juugc, tcrnfrifchc Burschen aus Neuberg,
Kapellen und Prcin sind da, die singen und scherzen; und auch Andere, die still und finster, wie das böse Gewifsen
um die kleinen Behausungen schleichen. Die Hütten sind schlecht, der Wind bläst leicht durch die Wandfugen das
Hcrdfcucr hin und her, das mitten im Raum auf einem Stcingrlcgc brennt. Tifch ist gar keiner da; wer essen
will, der setze sich auf die schmale Wandbank oder vor die Hütte in's Freie, stelle die Pfanne auf seine zwei Knie-
scheiben und esse. Gott gescgnc den Sterz, die Schmalznocken, oder was es sonst Küstliches sei! Wer trinken will,
der gehe zum Trog, iu welchem die Schnccstücke schmelzen, die vom Kar nicdcrgeschlcppt worden sind. Eine andere
Wasseraucllc ist auf der Rar nicht zu finden. — Wer schlafen will, der muß die Schwaigerin, bitten, daß sie ihr
Bett herleiht, welches dort im Winkel steht. Die Schwaigerin geht dann zu einer Nachbarin oder ruht oben unter
den Brettern des Daches auf dem Haufen isländischen Mooses, das sie ihren Schweinen gesammelt hat.
Heute denkt kein Mensch an's Schlafen. Dort steht das Wirthshaus. Es ist nicht besser und nicht schlechter,
als die übrigen Hütten, aber es beut Wein, Schnaps, Geselchtes, Thee und Kaffee. Die Wirthin ist emsig und
Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Titel
- Unser Vaterland
- Untertitel
- Steiermark und Kärnten
- Autoren
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Verlag
- Gebrüder Kröner
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 28.1 x 42.23 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Wandern
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918