Seite - 8 - in Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten

8 Steiermark. wird der Tachstnhl angesehen, der einen ganzen Lärchcnwald in sich hat; er wird von Kennern für den schönsten nnd sehenswerthestcn der Monarchie erklärt. Ueber dem Portale befindet sich eine herrliche Fensterrose. Der schöngestaltcte Hochaltar steht frei zwischen hohen Pfeilern, die das gewaltige Schiff tragen. An den vielen Scitcnaltärcn finden sich bemcrkenswcrthe Bilderwerke, viele altdeutsche Goldmalereicn. ^ Die Gewölbe zieren zahlreiche Monogramme und Wappen; die Wände marmorne Grabmäler der Acbte. Die Grnftkapcllc der herzoglichen Stifter diente lange Zeit als Holzspeichcr, bis man zufällig die Gruft entdeckte, in welcher die Gebeine Otto's, seiner beiden Gemahlinnen nnd seiner Söhne ruhten. Baar des Sarges und aller Kleider lagen sie auf dein Boden — man weiß ihr Schicksal nicht. Anf Anordnung des Kaisers Franz wnrden sie in fünf steinernen Särgen beigesetzt. — In der Nähe steht die Mariahimmelfahrtstirche, sie soll noch älter als die Stiftskirche sein. Sehr malerisch auf einem Felshügcl steht die Anncnkapclle, die jetzt ein Gasthans ist. Das ausgedehnte Dorf verlassend führt der Ncg an Eisenwerken nnd Hochöfen vorbei an der Mürz hin nach Mürzstcg. Der Fluß trägt uns fortwährend Holzscheiter cntgcgcn, dic von dcn hinteren Wäldern kommend bei Neuberg durch Rechen aufgcfaugcn werden. Das Thal verengt sich mehr nnd mehr. Ueber einer Ncbenschlucht, das Tirol genannt, ragt das kahle Gcfclsc der Naßkchr mit seinen Schncemulden nnd seinen zahlreichen Gemsrndeln. Dic Jagd ist kaiserlich und ist die ergiebigste im ganzen Lande. — Waldlehnen beschatten dcn rauschenden Flnß, dcn wir anf mehreren malerischen Holzbrückeu überschreiten. Plötzlich lichtet sich das Thal und im Nicsengelände ragt ein schlankes, rothes Thürmchcu auf, wir sind in Mürzsteg, Das ist ein kleiner, aber gesuchter Ort. Zwischen Mürzznschlag nnd Mürzstcg ist im Sommer ein lebhafter Verkehr von Hcrrschaftswägcn. Vor Allein ein gutes Wirthshaus, dann dic schönen Hochwaldbilder, die malerischen Hänge der hohen Vcitsch, dann Mariazell, nach welchem von hier aus links über das Nicdcr-Alpcl die Straße führt, und endlich das berühmte „Todte Weib", nach welchem der Weg rechts lcitct — das sind dic Ziele, welche hier den Reisenden winken. — Lohnend genng wäre dic Partie auf die hohe Vcitsch, wclche von Mürzsteg aus in vier Stunden erreichbar ist nnd welche ihrer Alpenflora wegen zn dcn gcsuchtesten Höhen der stcirischen Bcrgc zählt. Abcr nnscrc Füße haben sich von dcn Bcschwcrdcn dcr Rar noch nicht ganz erholt, und so bleiben wir im Thale — weiß ich doch in diesem einen gar herrlichen Pnnkt. Am kaiserlichen Jagdschloß in Mürzstrg vorüber gehen wir der Mürz entlang, die stellenweise zwar in breiten, klaren Wasserspiegeln steht, jedoch nach nnd nach kleiner wird nnd immer wilder, so daß nun, vor lantcr Gischten und Schäumen zwischen bemoostem Gestein keine Forelle mehr sieht. Noch manche Hänschen stehen am Wege. Aber diese werden bald abgelöst von riesigen Etcinblücken, dic von den Felsen nicdcrgcbrochcn am Wege ragen. Allmälig verliert sich in den Schntthaldcn auch dcr Wcg nnd nur ein schmaler Fnßstcig ist nns noch geblieben von den herrlichen Straßen draußen, dic wir gcfahrcn und gewandert sind. Still grünen die Lärchen nnd dic Fichten, still starren dic graucn Wändc nnd dic Fclscnköpfe. Hoch über den Zinnen im Meere dcr Himmclslnft schwimmt cin Habicht und lauert, ob uicht doch irgendwo cin gestürztes Gcmslein zerschmettert liege im Abgrnnd. Ueber Neuberg.