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Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten
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Vom Semmering bis zur Salza. Hchuttfelder, auf denen allwcg die Steinchen rieseln, leitet der Pfad. Schmale Holzstege tragen uns über die Mürz, die hier in engen Tiefen fluthet, dort stach auseinander geht und mit Felsblöcken übersäet ist. Und endlich find wir dort, wo die Natur nicht einen fußbreiten Raum mehr für den Menschen gelassen hat; wo selbst das Wasser Jahrtausende lang taglöhncrn mußte, nm sich sein tiefes Nett zu graben zwischen dem Gestein. Senkrecht starren die Wände der Engschlucht, dunkel wird^s in den Gründen der Mürz und das Auge begreift es nimmer, wie hier noch ein Weiterkommen sein könne. Aber der Mensch ist ein trotzig Wesen, just dort, wo die Natur ihm alle Wege verlegt, schlägt er sich am kecksten durch. Und so hat er hier hoch über den weißen Wellen des Alpenflusses am Gewände hin aus eingebohrten Eiscnstäben einen schwindelnden Steg gebaut, Einen um den andern; bald hängen sie an den überragenden Wänden, bald führen sie der Länge nach große Strecken über der Mürz hin. Mehrmals biegt sich die Schlucht, wechseln die wilden Bilder, bis man plötzlich vor einem Wasserfalle steht, der viele Klafter hoch von der Felswand in mehreren Absätzen tosend in die Tiefe stürzt. Aber es ist nicht die Mürz, es ist ein anderer Bach, der oben aus einer Grotte bricht. Ein Steg und mehrere Leitern führen zu dieser Höhle hinan, aus deren Finsternissen der riesige Quell bricht. Alpenrosen wachsen an ihrem Rande und Edelweiß schmiegt sich um ihre Mündung. Dieser Wasscrfall, der schönste in Stcirrmark, heißt zum „Todten Weibe", weil hier einst eine todte Aelplerin gefunden worden sein soll. — Ihren Liebsten hatten sie zn den Soldaten genommen, aber ihr Liebster konnte die Heimat in den Bergen nicht vergessen und auch das Mägdlein nicht, und er ist dcsertirt. Sie haben ihn gefangen eingebracht und Spießruthen laufen lassen durch eine Gasse von hundert Mann. Aber mit dem rothen Blut ist nicht die Lieb' entflossen ^ er ist wieder geflohen. Sie fangen ihn ein zweites Mal, er schlägt in Verzweiflung dem Officier die Fällst ins Gesicht. Da haben sie ihn zu Wien im Straßengraben erschossen. Eine kurze Weile später fanden sie sein Mägdlein todt am Wasserfall. Anf der Stelle ragt ein eisernes Kreuz. Am Fuße des Wasscrfalls zwischen Felsblöcken steht aus Baum- rinden gebant ein Kapcllchen, das hat aber anstatt des Altars einen Tisch, auf daß der Wanderer seine mitgebrachte Labniß darauf ausbreite lind ver- zehre. Dieses Hüttchcn wird die Einsiedelei geheißen. — Wir hören in dem Gcbrausc des Wassers zwischen den Wänden kaum uuser eigenes Wort. Wir greifen nns an den eisernen Handhaben weiter durch die Felscnwildniß. Da öffnet sich mit einer Weildung die Enge, ein umwaldetes Wiesenthal liegt vor nns und der kleine Ort Frein. Die Frein ist eine Holzkncchtgemeinde, welche fich vor sechzig Jahren hier ansiedelte, um die Wildfurstc zn lichten für das Gußwcrk bei Mariazcll. Kirche, Pfarrhuf nnd Schnlhaus ist nntcr Einem Dache; das freundliche Wirthshaus steht nicht weit davon. Hier verlassen wir den Mürzbach, der rechts aus morgentlichcn Wäldern bricht und weit hinten in einem Fclsenkar entspringt. Wir übersteigen links den Freinsattel und es thut uns wohl, wieder einmal die freien Höhen zu überblicken. Zur Linken die Student- und Tonionalpe, zur Rechten den hohen Söller — an welchem im Winter 1878 eine Schneelawinc vierzehn Menschen tödtcte — steigen wir nieder in das Hallthal, nm bald ein anderes, nicht minder herrliches Alpcnbild vor uns zu haben. Wir wandern mit dein Flüßchen Salza. Der Fußsteig ist wieder zum guten Fahrweg geworden, an welchem stattliche Vauerngehöfte stehen. Die stcirischen Häuser haben nicht das flache, steinbrschwcrtc Dach, wie jene Tirols oder der Schweiz. In diesem Eiscnlande gibt es Nägel genug, um die Schindeln oder Bretter an den steilen Dachstuhl zu uageln. Die übrige Bauart unterscheidet sich nicht 2' 2teg an der Mürz auf dem weg zum „Todteil Weibe".
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Unser Vaterland Steiermark und Kärnten
Titel
Unser Vaterland
Untertitel
Steiermark und Kärnten
Autoren
Peter.K. Rosegger
Fritz Pichler
A. von Rauschenfels
Verlag
Gebrüder Kröner
Ort
Stuttgart
Datum
1877
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
28.1 x 42.23 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Wandern
Kategorien
Geographie, Land und Leute
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