Seite - 15 - in Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten
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Der hohe Scbwab, 1 ^
Endlich kommen wir hinab zum Ring. Das ist ein gewaltiges Felsenkar, welches von den Warten des
Wetterkogels und des Schwab sich in ungeheuren Wänden und Schuttfeldcrn nicdcrsenkt. Unterhalb des Kars legt
sich eine kleine frischgrüne Wiese hin und auf dieser Wiese steht das Jagdhaus des Grafen Mcran. Am Jagdhause
im Ring ist's über die Maßen schön; doch es ist jene Schönheit, die das Weltkind nur auf kurze Zeit entzückt,
allinälig aber drückend wird. Wer hier aber leben könnte Jahr und Tag, und beobachten der Jahreszeiten Lauf
und Eigenthümlichkeiten im Gebirge, der müßte groß werden und einig mit den: Geiste Gottes. — Wer die Natur
kennt und liebt, dem ist keine Einsamkeit hier; Stein-, Pflanzen- und Thierreich, Wald und Wasser, Luft und Licht
bieten ihm die mannigfaltigsten Genüsse.
Bei dem Jagdhause wendet sich die Schlucht nach rechts in die vordere HiM. Zwischen den Schroffen des
Brandstein und dem Gewände der Edclböden ziehen wir hin. Plötzlich sprudelt zu unseren Füßen ein tristallklarcs,
eiskaltes Wasser hervor, so groß, daß es auf einmal drei Kornmühlen triebe, wenn sie hier stünden. Doch die
Aclplcr haben viel gutes Wasser, aber wenig und schlechtes Brot. Trotzdem möchte der Schlemmer bei Zuckertorten
und Champagner gerne die Körperkraft des Aelplers haben.
Schließlich treten wir hinaus auf die grünen Matten von Weichselbodcn. Sie sind nach drei Seiten von
Felswänden und nach der vierteil von hohen Waldbergen umgeben. Die Salzn finden wir wieder, die stattlicher
und etwas grünlich geworden ist. Weichselbodcn ist eine Holzknechtgcmcindc mit einem Kirchlein, das dem heiligen
Johannes in der Wüste geweiht ist. Auf einen Bewohner dieser Gegenden fallen vierzig Joch der Bodcnfläche, die
ja zum größten Theile unfruchtbar ist. Die Weiber und Kinder der Holzarbeiter klettern in dem Gehänge herum
und sammeln eßbare Schnecken, um sie in Gruben zu füttern und dann zu verkaufen. Die Leute, welche nicht im
Wald oder auf den Felsen verunglücken, werden hier sehr alt. Einst gab es in dieser Gegend eine Unzahl von Wild-
schützen, allein seit Erzherzog Johann — der Gönner Steiermarks — die Reviere erworben und Wildpret zu fabelhaft
billigein Preise — eine Gemse z. B. um einen Gulden — den armen Leuten zu überlassen eingeführt hat, seither
sind die Wilderer selten geworden.
Der Beherrscher dieser Gebirgsgruppe ist der Hochschwab, der mitten unter Hunderten von hohen Herren
7170 Fuß hoch sein Haupt erhebt. Die Kenner der Schweiz und Tirols werden vielleicht über eine so geringe
Hochhcit dieses Alpcnfürsten die Nase rümpfen; aber wer nur in einer seiner wüsten Schluchten steht oder gar seinen
Scheitel erklettern will, der bekommt Achtung! Vom Thale aus wird er sagen: Diese Berge in Steiermark sehen
höher aus, als sie sind; und oben angelangt wird er rufen: Ei, diese Berge sind höher, als sie aussehen. — Wir
Köhlerei in der
Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Titel
- Unser Vaterland
- Untertitel
- Steiermark und Kärnten
- Autoren
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Verlag
- Gebrüder Kröner
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 28.1 x 42.23 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Wandern
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918