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Die Ennsthaler-Alpen. Z()
Voruiittags Kragerl unibinden,
Nachmittags nahm ich die Flinten,
Schießet das Gamsl daher.
Als wie wann ich Jäger selbst wär."
Admont ist der Hnnpturt des Ennsthales und ein gesuchtes Ziel der Touristen. Seine Geschichte hebt mit
einer romantischen «Sage an.
Zu Anfang des I I . Jahrhunderts hat zn Straßburg in Kärntcn eine hochedlc Frau gelebt, Namens Hennna.
Diese hatte ihren Gatten, den Grafen von Friesach, nnd ihre beiden Söhne dnrch Mörderhand verloren. So beschloß
sie, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen und lebte fortan abgeschieden von der Welt auf ihrer Vcste Burgstall zwischen
den Fclsbergen des Ennsthalcs. Aber sie war noch ein schönes Weib, nnd das nahm sich ihr Burgvogt zu
Herzen. Zuerst war er um sie her, wie eine Taube, aber das verstand sie nicht. Dann war er wie ein
Wolf nnd wollte sie mit Gewalt haben. Da entfloh die bedrängte Fran auf einem Karren, bespannt mit zwei
Rindern, die nie noch ein Joch auf den Nacken hatten gehabt. Sie floh bis nach Kärnten, an die Stätte, wo
heute der Dom von Gnrk steht. Der Vogt von Bnrgstall soll mitsammt dem Schlosse in dem schlammigen
Moorgruud versunken sein. Noch zu den Zeiten Ernst des Eisernen will man die Zinnen der Burg aus dem
Sumpfe emporragen gesehen haben. Die fromme, nnglückliche Hcmma vermachte all ihr Vermögen der Kirche;
und der Salzburgcr Erzbischuf Gcbhard gründete damit lrä montßg (an den Bergen) das Benediktinerstift Admont.
Die Gebeine des Stifters ruhen unter dem Hochaltare der Stiftskirche. Bald hernach hat der wegen der Er-
findung des Stcingusses berühmte Mönch Thicmo als Flüchtling sich einige Zeit im Stifte aufgehalten. Er
war Erzbischof von Salzburg gewesen, aber der Afterbischof Berthold hatte ihn verjagt. Später reiste Thiemo
nach Palästina, wo er den Märtyrcrtod fand. Eine böfc Zeit für Admont war das sechzehnte Jahrhundert.
Viele Priester des Stiftes traten zum Lutherthnme über und die Bauern des Ennsthales dachten, wenn jetzt, in
den wilden Wirren der Anfstünde, wieder die Zeit heran gebrochen sei, in welcher der Stärkere Recht habe,
so könnten sie wohl auch ihre hart erworbene Sache, die in den Stiftsspeichern aufbewahrt liege, wieder zurück-
uehmen. Und ein verwilderter Mann vom Berge rief, wie im „Höllbart" zu lesen steht: „Wir schlagen der
Welt ein Loch. Sind heute im heiligen Admont gewesen. Ich sag' cuch's, Iosue, die Pfaffen sind alle davon.
Alle. Und ihre goldenen Kelche und Kreuze haben sie mit sich geschleppt, die Sakermcntcr! Im Felsenthale
hinter dem Kalbling (Iohnsbach) sollen sie sich verkrochen haben. Schuldig Mann geht Grausen an; sie fürchten
das Schladminger Halsband, den Strick. Der heilige Blasius in der Stiftskirche ist wohl gegen Halsentzündung ein
gntcr Patron, aber gegen Luftröhrenvercngung hilft er nicht." — Und ein Anderer hätte, trotzdem er weltlich
war, Wein in Blut verwandelt, will sagen, im Ransch den Abt gottsmördcrisch geprügelt. — Man sieht, es war
nicht ganz gelinde zugegangen.
Admont, in dem von Alpcnstürmcn durchbrausten Ennsthalc, ist vielfach von Bränden heimgesucht worden.
Der Brand vom 27. April 1865 hat die große Kirche, das Stift und den Marktflecken zum größten Theile
in Schutt gelegt. Die Kirche mit ihrer berühmten Orgel brannte vollends nieder, bis auf einen einzigen
Altar aus Holz und seinem Fraucnbildc der unbefleckten Empfängniß. Das verschonte Bildniß wurde auch in
der nencn Kirche aufgestellt uud ist der Gegenstand hoher Verehrung. Anch die über achtzigtansend Bände
starke Bibliothek mit ihrem prachtvollen Saale blieb verschont. Zwölf korinthische Sänlen aus rothem Marmor
mit reichvcrgoldeten Kapitälcrn tragen die Rotunde in der Mitte des Saales. Schöne Malereien und knnst-
volle Statuen schmücken den Raum. Berühmt sind die aus Holz geschnitzten, phantasievoll und gar originell
gedachten übergroßen Darstellungen der vier letzten Dinge, die ein Admontcr Mönch geschaffen haben soll, der
vormals ein Hirt anf den Almen gewesen war, und niedergcsticgcn kam, um im Stifte eine Freistätte seines
Schaffensdranges zu sucheu.
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Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Titel
- Unser Vaterland
- Untertitel
- Steiermark und Kärnten
- Autoren
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Verlag
- Gebrüder Kröner
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 28.1 x 42.23 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Wandern
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918