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Steiermark.
sogar >volz' oder Strohschuhe, die den Eintretende» ei»lade», seine stanbigc oder lehmige Fußbekleidung gegen diejelbm ',»
vertauschen. Wandern ivir im Frühjahre iind Frühsommer dlirch diese Gegend, so fallen nns schlanke, weißgeschälte
Tanncnbänme auf, die in den Gehöften stehen. Nur obenan prangt noch das Grün de? Wipfel?, an welchem bunte
Bänder und Sträuße flattern. Das sind die Maibäume. Weiß der Banernbnrschc in der Nachbarschaft ein Schätzlrin,
da? er im nächsten Jahre zu freien gedenkt, so setzt er demselben in der Nacht auf den ersten Mai mit mehreren
Gehilfen den Maibaum. Da? hat heimlich zn geschehen, damit am Morgen, wenn da? Mädchen diese? Ausrufungs-
zeichen der Liebe vor dem Feilster sieht, die Ueberraschung um so größer sei. Der Baum bleibt dann den Sommer
hindurch stehen, wenn mich längst der Wipfel schon fahl wird nnd die rothen Nadeln im Winde niederwehen. Inwrilen
weiß c? da? Mädchen gar nicht, von wem der Maibaum stammt, bi? dann wohl der Bursche nächtlicher Weile an
ihr Fcnsterchcn klopft:
„Mei ,V)eri und >»ei Ä»u
Is in >wmerl du drin,
^ ia uell ihs dau a».
Daß ih »ach eiui tau,"
^ ei» anderer „Gaßlfpruch" :
„Du herzi lial'o Schätzer!,
Du Hiinelschlünl,
Slel, auf und moch auf
r, ivenn leine Antwort erfolgt:
„Dirndl, dist flnlz,
'"da teuft üiü, nit,
'ö recht ^eusterl nit ^"
Tann mag'c' vo» innen wohl flüstern:
„Ih ln uit stulz,
">>! teu dih wul.
Du bist da Vua,
Der temn sul!"
lind nuu, in stiller, friedlicher Nacht klärt sich's gar wnndersüß aiif, iver den Maibaum hat gesetzt. Bon
nun an ist ec> gut, wenn die >>och',eit nicht a>l;nlang alif sich warten läßt und der Pfarrer von der Kanzel dac-
Paar verkündet, bevor die letzte Nadel vom 'Wipfel des Maibaums fällt. Arg ist es, wenn der Maibaum von
Sturm und Wetter oder gar von boshafter Hand verstümmelt wird. Tac- bedeutet für die Lieb' nichts Gutes, das
bedeutet Untreu, Verlust, Herzleid,
Leute, die keine Liebschaft haben oder dieselbe nicht ausrufen »vollen, setze» ihren Maibaum, oder deren
zwei, anch gerne an Kapellen und Wegkreuze, zu Chr' der Treifaltigteit, der Mutter Gottes oder eines besonderen
Heiligen. —
Bor Kurzem ist von Steinach her in>? Salzkammergut die Eisenbahn eröffnet wurden. Die Rudolfc-bahn,
die Beherrscherin der Enn« und der herrlichen Alpcnthäler in Kärnten nnd Krain, hat sich's nicht nehme» lassen,
den allerschönsten Flect der österreichischen Lande in ihr Gebiet zu ziehen. Tas viele Eisenbahnfähren ist in der
Regel kein angenehm Ding, aber die trefflichen Eiiuichtnngen dieser Alpenbahn beweisen, daß recht gut ei» Vergnügen
daraus werden kann.
Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Titel
- Unser Vaterland
- Untertitel
- Steiermark und Kärnten
- Autoren
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Verlag
- Gebrüder Kröner
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 28.1 x 42.23 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Wandern
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918