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Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten
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Die Sölker- und die ÜNurlhaler-Alpe». Wir wandern nun rechts durch das Oberthal znm öden Giglachsee, oder links durch das Unterthal an dem neuentstandencn Tettcrscc vorüber zu dein nicht minder öden Risachsce. In der Nähe dieses letzteren Sees in den tiefen Schatten einer Waldschlucht ist der größte Wasscrfall Steiermarks; die Risach stürzt iu mehreren Absätzen über ein 159 Fuß hohes Gefelse. Häufig sieht man in dem aufsteigenden Wasserstaubncbel der Waldschlucht die Farben des Regenbogens spielen. An den Ufern der Risach erheben sich zwei der höchsten Berge des Landes, der 9045 Fuß hohe Hochgolling und die 8680 Fuß hohe Hochwildstelle. Auf dem Wege hinan gelangt man in ein reizendes Thal mit Sennhütten. Hier ist echte Urgebirgsnatur; braune Fclsmassen, grün ausgcbuchtet mit frischen Matten oder auch mit Schnccfeldern. Weiter hin kmnmt man auf eine Wiese, das Himmelreich genannt; auf dieser Matte ist vor vielen Jahren eine junge Sennin schlummernd gefunden worden. Der Iägcrburschc, der sie fand, hat den Namen „das Himmelreich" aufgebracht. Der Gipfel der Hochwildstcllc ist nur mit Steigeisen nnd Stricken erreichbar; die Spitze hat vier Quadratklafter Raum und fällt fast nach allen Seiten senkrecht ab. Die Aussicht steht jener des Dachstein nicht viel nach. Und so ziehen wir nun bergauf, thalab, Schlucht ein, Schlucht aus, über wilde Wässer und unwirthliche Pässe durch das Urgcbirge. Es sind die Sölker- nlpen. Die Wege dieses Ge- birges nennt der Mensch elend, denn ihr Baumeister ist die Natur: das Wasser grabt, das Eis sprengt, die Lawinen 2teirischcr wölben. Anf allen Höhen scheinbare Kahlhcit undOcdniß, und dennoch ist die Gegend bewohnt. Auf einen Bewohner kommen zweiundfünfzig Joch Buden; hingegen kommt auf das Joch eine Gemse. — Es ist ein verlassenes Stück Welt voll düsterer Schönheit. Kein gemeinsames Dorflcben und lein wallendes Kornfeld; da liegen einzelne Hütten fern ab von einander, zerstreut in den Wal« dern. Geschlagen, auf Wiesen und Almen. Da hört man seltener wie an der Mürz und an der Naab die lnstigcn Lieder klingen — da ist das Hallen des von der Axt oder vom Sturme stürzenden Bau- mes, das Rauschen der Wild- bache, der Kuhreigen, der Schuß des Jägers und Wildschützen. Kein Hulzzaun scheidet am Waldsaume das Mein nnd Dein, keine glatte Straße zieht durchs schattige Thal; nur schmale Fußpfade haben einsam wandelnde Menschen hier getreten. Der stämmige Holz- hauer mit seiner Krare und dem schwcrbcschlagenen Griesbeil (Alpenstock), der bernßtc Kohlenbrenner, der waghalsige Wnrzner, der gemüthliche Halter, der schmucke Gcmsjager, die einsige Sennin ziehen die unwirthlichen Wege; der ver- wegene Wildschütze sucht noch wildere Pfade. Das Töchterlein des Holzhauers jagt Ziegen über den Hang der Hütte zu. Diese ist ein stattlicher Bau, ans rohen Stämmen gezimmert. Die Fugen sind mit Moos nnd Erde verlegt. Obdach, Ziegenmilch, Schmalznocken, die sie „Spatzen" oder „Hirschen" oder „Fuchsen" heißen, oder echtes Wildprct und endlich Tabak, viel Tabak, aber schlechter Tabak — das sind die Bedürfnisse des Wäldlers. Und wer eine Diele aufreißt im Fußboden der Hütte, der findet leicht ein Schutzgcwehr. Der Jäger ist ihr Todfeind. Wer einem Jäger nicht Eins versetzt hat, der soll gar kein „Dirndl" haben — weil er kein Mann ist. Der Jäger ist in diesem Gebirge nicht zu beneiden. Er ist stets in Feindesland. Wohl, er hat Pulver, Blei und Trotz bei sich uud wenn er den Kngelstutzen lädt, so denkt er weniger an's Wild, als an den Wildschützen. In kalten Fclsklüften bringt er manche Nacht ;u; angemachte
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Unser Vaterland Steiermark und Kärnten
Titel
Unser Vaterland
Untertitel
Steiermark und Kärnten
Autoren
Peter.K. Rosegger
Fritz Pichler
A. von Rauschenfels
Verlag
Gebrüder Kröner
Ort
Stuttgart
Datum
1877
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
28.1 x 42.23 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Wandern
Kategorien
Geographie, Land und Leute
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