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Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten
Seite - 59 -
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Vas steirische Paradies. ^(^ Höhen, auf welchen die Starrniß herrscht und der kalte Sonnenblick. — Wir wenden uns gegen Süden dem freund- lichen Thalkessel von Ligist zu. Auf der Straße taumelt lins manch ein angeheitertes Bäuerlein entgegen, den Hut schief in der Stirne, ein optimistisch Lied lallend — im Kultus des berüchtigten Ligistcr Schilchertz. Hier der erste Weinberg, der uns anlacht, wenngleich mit etwas saurem Gesichte, denn daß cr noch so tief in den Wald- bergen ist, das will ihn schier verdrießen. Trotzdem ist sein Wein ein guter Kainerade und wird lieber getrunken, als der Erguß der jud- und schwefelhaltigen Heilquellen zu Ligist, zu dem alle Kropfigen des Landes wallen, um an solcher Gnadenquelle Erleichterung ihres Anliegens zu erlangen. Von Ligist gehen wir über die Hochstraße: ein herrlicher Weg mit vielfacher Aussicht über die breiten Thäler der Kainach und Mur. Und Wald — reicher, frischer, gesunder Wald. Auf mancher Säule ein Kruzifir, und ein Liebfrauenbild auf manchen» Baum. Und etwa ein bedrängtes Menschenkind davor knieend — ganz wie der Dichter singt: „Wie düster des Waldes Tannenschloß! Ei» Bild des Gottheiligeu strahlt nieder ins Moos, Ein betendes Tirudl kniet davor, Gesenkt dao Auge, geschlossen das Ohr. So still ist der Wald und so still ist dein her^ Es rührt sich tein Vogel, es regt sich kein Schmer;, Nur ferne murmelt verloren ein Bach, Als sprach' er dir leise die Worte nach! Und durch der Tanne» tiefdnnkle Hut Vricht golden ein Schein uon Abendglut, Dein Haupt uertlän er wie Segen mild. Es lächelt das hehre Ehristusl'üo," Und wahrhaftig, dort vor dein Stamme weint ein Mädchen, dein sie gestern beim Gelage den Liebsten haben erschlagen. Hier unten im strohgedeckten Häuschen auf dem Brette liegt er hingestreckt — ein weißes Tuch verhüllt das Antlitz und die Wunde. In der Dorfkirche lauten sie „Verscheiden" i die Leute iu den Häusern und auf der Gasse nehmen ihre Mützen ab und beten für „die abgeschiedene Seele". Auf dem Friedhufe, der um dir Kirche herum liegt, graben Baucrnbursche ein Grab. Dte Gemeinde ist ;u tlei» und die Gegend zu gesund, als daß ein Todtengräber drin leben könnte. Die Nachbarn müssen so gut sein und graben, so oft doch Einer in Alters- schwäche endet oder aus Iugendübermuth erschlagen wird. Gendarmen mit aufgepflanzten Gewehren gehen von Haus zu Haus und suchen die Uebelthätcr. Vor Gericht heißt's: nicht aus Haß, nicht aus Rache und Eifer- sucht wär's geschehen — der Wein alleinig hätt's gethan. Ja, aber den Wein kann man nicht strafen und wenn man ihn zwanzig Jahre einsperrt, so erweist man ihm noch eine Wohlthat. Tie Trinker also kommen in den Arrest, der Todte kommt mit feierlichem Kondukt unter die Erde, das Mädchen weint und betet vor dem Kruzifix im Walde und — der Wein wird getrunken wie bisher! -^ Dieser Ligister- uud Ttainzerschilcher hat die merkwürdige Eigenschaft, daß er nicht so sehr zu Kopf, als zu Faust geht. Davon kommt viel Unglück, gerauft wird an jedem Sonn- und Feiertag, als ob an solchen Tagen des Friedens lauter Feinde in der Gegend lebten. Uebrigcns herrscht hier, wie auch in manch anderen Gegenden des Landes, eine ganz seltsame Sitte, welche dem Natnrforschertag zu Graz <ll>75> Anlaß zu mancherlei Betrachtungen gab: das Arsenikessen. Den Pferden wird Arsenik gar häufig gefüttert, die Thiere werden dadurch feurig, kräftig, flink und glatt; nun ist es wohl zu erklären, daß auch mancher struppige Pferdeknecht den Wunsch hat, feurig, kräftig, flink und glatt zu sein, insonderheit, um bei den Weibern etwas mehr Glück zu haben, welche in der Regel Bauernburschen, Holzkncchte und Schmiede den Pferdeknechten vorzuziehen pflegen. Wohlan, so wird der Rußwart Arsenikesser; zuerst nimmt er das Gift, welches er sich für die Pferde zu verschaffen weiß, in ganz kleinen Portionen zu sich. Allmälig genießt er davon mehr, ohne üble Folgen zu verspüre», und fühlt nun eine stete Jugendlichkeit
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Unser Vaterland Steiermark und Kärnten
Titel
Unser Vaterland
Untertitel
Steiermark und Kärnten
Autoren
Peter.K. Rosegger
Fritz Pichler
A. von Rauschenfels
Verlag
Gebrüder Kröner
Ort
Stuttgart
Datum
1877
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
28.1 x 42.23 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Wandern
Kategorien
Geographie, Land und Leute
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