Seite - 5 - in Venus im Pelz
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euch wurden unsere Villen, unsere Bäder, unsere Tempel nicht gebaut. Ihr
braucht keine Götter! Uns friert in eurer Welt!« Die schöne Marmordame
hustete und zog die dunkeln Zobelfelle um ihre Schultern noch fester
zusammen.
»Wir danken für die klassische Lektion«, erwiderte ich, »aber Sie können
doch nicht leugnen, daß Mann und Weib in Ihrer heiteren sonnigen Welt
ebensogut wie in unserer nebligen, von Natur Feinde sind, daß die Liebe für
die kurze Zeit zu einem einzigen Wesen vereint, das nur eines Gedankens,
einer Empfindung, eines Willens fähig ist, um sie dann noch mehr zu
entzweien, und – nun Sie wissen es besser als ich – wer dann nicht zu
unterjochen versteht, wird nur zu rasch den Fuß des anderen auf seinem
Nacken fühlen –«
»Und zwar in der Regel der Mann den Fuß des Weibes«, rief Frau Venus
mit übermütigem Hohne, »was Sie wieder besser wissen als ich.«
»Gewiß, und eben deshalb mache ich mir keine Illusionen.«
»Das heißt, Sie sind jetzt mein Sklave ohne Illusionen, und ich werde Sie
dafür auch ohne Erbarmen treten.«
»Madame!«
»Kennen Sie mich noch nicht, ja, ich bin grausam – weil Sie denn schon an
dem Worte so viel Vergnügen finden – und habe ich nicht recht, es zu sein?
Der Mann ist der Begehrende, das Weib das Begehrte, dies ist des Weibes
ganzer, aber entscheidender Vorteil, die Natur hat ihm den Mann durch seine
Leidenschaft preisgegeben, und das Weib, das aus ihm nicht seinen Untertan,
seinen Sklaven, ja sein Spielzeug zu machen und ihn zuletzt lachend zu
verraten versteht, ist nicht klug.«
»Ihre Grundsätze, meine Gnädige«, warf ich entrüstet ein.
»Beruhen auf tausendjähriger Erfahrung«, entgegnete Madame spöttisch,
während ihre weißen Finger in dem dunkeln Pelz spielten, »je hingebender
das Weib sich zeigt, um so schneller wird der Mann nüchtern und herrisch
werden; je grausamer und treuloser es aber ist, je mehr es ihn mißhandelt, je
frevelhafter es mit ihm spielt, je weniger Erbarmen es zeigt, um so mehr wird
es die Wollust des Mannes erregen, von ihm geliebt, angebetet werden. So
war es zu allen Zeiten, seit Helena und Delila, bis zur zweiten Katharina und
Lola Montez herauf.«
»Ich kann es nicht leugnen«, sagte ich, »es gibt für den Mann nichts, das
ihn mehr reizen könnte, als das Bild einer schönen, wollüstigen und
grausamen Despotin, welche ihre Günstlinge übermütig und rücksichtslos
nach Laune wechselt –«
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik