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Aber dieses Weib ist durchaus nicht so klein und imponiert mir ganz
ungeheuer. Heute zeichnete ich sie, und da fühlte ich erst so recht deutlich,
wie wenig unsere moderne Toilette für diesen Kameenkopf paßt. Sie hat
wenig Römisches, aber viel Griechisches in der Bildung ihrer Züge.
Bald möchte ich sie als Psyche, bald als Astarte malen, je nachdem ihre
Augen den schwärmerisch seelischen, oder jenen halb verschmachtenden,
halb versengenden, müd-wollüstigen Ausdruck haben, aber sie wünscht, daß
es ein Porträt werden soll.
Nun, ich werde ihr einen Pelz geben.
Ach! wie konnte ich nur zweifeln, für wen gehört ein fürstlicher Pelz, wenn
nicht für sie?
Ich war gestern abend bei ihr und las ihr die römischen Elegien. Dann legte
ich das Buch weg und sprach einiges aus dem Kopfe. Sie schien zufrieden, ja
noch mehr, sie hing förmlich an meinen Lippen und ihr Busen flog.
Oder habe ich mich getäuscht?
Der Regen pochte melancholisch an die Scheiben, das Feuer am Kamin
prasselte winterlich traulich, mir wurde so heimatlich bei ihr, ich hatte einen
Augenblick allen Respekt vor dem schönen Weibe verloren und küßte ihre
Hand und sie ließ es geschehen.
Dann saß ich zu ihren Füßen und las ihr ein kleines Gedicht, das ich für sie
gemacht habe.
Venus im Pelz
»Setz’ den Fuß auf deinen Sklaven,
Teuflisch holdes Mythenweib,
Unter Myrten und Agaven
Hingestreckt den Marmorleib.«
Ja – nun weiter! Diesmal bin ich wirklich über die erste Strophe
hinausgekommen, aber ich habe ihr an jenem Abend das Gedicht auf ihren
Befehl gegeben und habe keine Abschrift, und heute, wo ich dies aus meinem
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik