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immer, so will ich dein Sklave sein, dir dienen, alles von dir dulden, nur stoß
mich nicht von dir.«
»Fassen Sie sich doch«, sagte sie, beugte sich zu mir und küßte mich auf
die Stirne. »Ich bin Ihnen ja von Herzen gut, aber das ist nicht der Weg, mich
zu erobern, mich festzuhalten.«
»Ich will ja alles, alles tun, was Sie wollen, nur Sie nie verlieren«, rief ich,
»nur das nicht, den Gedanken kann ich nicht mehr fassen.«
»Stehen Sie doch auf.«
Ich gehorchte.
»Sie sind wirklich ein seltsamer Mensch«, fuhr Wanda fort, »Sie wollen
mich also besitzen um jeden Preis?«
»Ja, um jeden Preis.«
»Aber welchen Wert hätte zum Beispiel mein Besitz für Sie?« – Sie sann
nach, ihr Auge bekam etwas Lauerndes, Unheimliches – »wenn ich Sie nicht
mehr lieben, wenn ich einem andern gehören würde?« –
Es überlief mich. Ich sah sie an, sie stand so fest und selbstbewußt vor mir
und ihr Auge zeigte einen kalten Glanz.
»Sehen Sie«, fuhr sie fort, »Sie erschrecken bei dem Gedanken.« Ein
liebenswürdiges Lächeln erhellte plötzlich ihr Antlitz.
»Ja, mich faßt ein Grauen, wenn ich mir lebhaft vorstelle, daß ein Weib,
das ich liebe, das meine Liebe erwidert hat, sich ohne Erbarmen für mich
einem anderen hingibt; aber habe ich dann noch eine Wahl? Wenn ich dieses
Weib liebe, wahnsinnig liebe, soll ich ihm stolz den Rücken kehren und an
meiner prahlerischen Kraft zugrunde gehen, soll ich mir eine Kugel durch den
Kopf jagen? Ich habe zwei Frauenideale. Kann ich mein edles, sonniges, eine
Frau, welche mir treu und gütig mein Schicksal teilt, nicht finden, nun dann
nur nichts Halbes oder Laues! Dann will ich lieber einem Weibe ohne
Tugend, ohne Treue, ohne Erbarmen hingegeben sein. Ein solches Weib in
seiner selbstsüchtigen Größe ist auch ein Ideal. Kann ich nicht das Glück der
Liebe voll und ganz genießen, dann will ich ihre Schmerzen, ihre Qualen
auskosten bis zur Neige; dann will ich von dem Weibe, das ich liebe,
mißhandelt, verraten werden, und je grausamer, um so besser. Auch das ist ein
Genuß!«
»Sind Sie bei Sinnen!« rief Wanda.
»Ich liebe Sie so mit ganzer Seele«, fuhr ich fort, »so mit allen meinen
Sinnen, daß Ihre Nähe, Ihre Atmosphäre mir unentbehrlich ist, wenn ich noch
weiterleben soll. Wählen Sie also zwischen meinen Idealen. Machen Sie aus
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik