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Ich kniete nieder und faßte ihre Hände.
»Ich bitte Sie noch einmal, werden Sie meine Frau, mein treues, ehrliches
Weib; können Sie das nicht, dann seien Sie mein Ideal, aber dann ganz, ohne
Rückhalt, ohne Milderung.«
»Sie wissen, daß ich in einem Jahre Ihnen meine Hand reichen will, wenn
Sie der Mann sind, den ich suche«, entgegnete Wanda sehr ernst, »aber ich
glaube, Sie würden mir dankbarer sein, wenn ich Ihnen Ihre Phantasie
verwirkliche. Nun, was ziehen Sie vor?«
»Ich glaube, daß alles das, was mir in meiner Einbildung vorschwebt, in
Ihrer Natur liegt.«
»Sie täuschen sich.«
»Ich glaube«, fuhr ich fort, »daß es Ihnen Vergnügen macht, einen Mann
ganz in Ihrer Hand zu haben, zu quälen –«
»Nein, nein!« rief sie lebhaft, »oder doch« – sie sann nach. »Ich verstehe
mich selbst nicht mehr«, fuhr sie fort, »aber ich muß Ihnen ein Geständnis
machen. Sie haben meine Phantasie verdorben, mein Blut erhitzt, ich fange
an, an allem dem Gefallen zu finden, die Begeisterung, mit der Sie von einer
Pompadour, einer Katharina II. und von all den anderen selbstsüchtigen,
frivolen und grausamen Frauen sprechen, reißt mich hin, senkt sich in meine
Seele und treibt mich, diesen Frauen ähnlich zu werden, welche trotz ihrer
Schlechtigkeit, so lange sie lebten, sklavisch angebetet wurden und noch im
Grabe Wunder wirken.
Am Ende machen Sie aus mir noch eine Miniaturdespotin, eine Pompadour
zum Hausgebrauche.«
»Nun denn«, sprach ich erregt, »wenn dies in Ihnen liegt, dann geben Sie
sich dem Zuge Ihrer Natur hin, nur nichts Halbes; können Sie nicht ein
braves, treues Weib sein, so seien Sie ein Teufel.«
Ich war übernächtig, aufgeregt, die Nähe der schönen Frau ergriff mich wie
ein Fieber, ich weiß nicht mehr, was ich sprach, aber ich erinnere mich, daß
ich ihre Füße küßte und zuletzt ihren Fuß aufhob und auf meinen Nacken
setzte. Sie aber zog ihn rasch zurück und erhob sich beinahe zornig. »Wenn
Sie mich lieben, Severin«, sprach sie rasch, ihre Stimme klang scharf und
gebieterisch, »so sprechen Sie nicht mehr von diesen Dingen. Verstehen Sie
mich, nie mehr. Ich könnte am Ende wirklich –« Sie lächelte und setzte sich
wieder.
»Es ist mein voller Ernst«, rief ich halb phantasierend, »ich bete Sie so sehr
an, daß ich alles von Ihnen dulden will um den Preis, mein ganzes Leben in
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Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik